Übereinkommen über die biologische Vielfalt

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Übereinkommen über die biologische Vielfalt

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Englische Bezeichnung Convention on Biological Diversity (CBD)
Französische Bezeichnung Convention sur la diversité biologique
Sitz der Organe Montreal, Kanada[1]
Mitgliedstaaten 196:
Amts- und Arbeitssprachen

Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch

Bevölkerungsdichte Einwohner pro km²
Gründung Unterzeichnung 5. Juni 1992 (Rio de Janeiro)
Inkrafttreten: 29. Dezember 1993
cbd.int

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt[2] (kurz auch Biodiversitätskonvention, englisch Convention on Biological Diversity, CBD) ist ein am 29. Dezember 1993 in Kraft getretenes internationales Umweltabkommen.[3] Die CBD ist das wichtigste multilaterale Vertragswerk für den Schutz der globalen Biodiversität.[4][5]

Das ab November 1988 erarbeitete Dokument wurde auf einer eigens anberaumten UNEP-Konferenz im Mai 1992 angenommen und konnte ab dem 5. Juni 1992 während der „Rio-Konferenz“ unterzeichnet werden. Stand März 2019 hatte die Konvention 196 Vertragspartner und war von 168 Staaten sowie der Europäischen Union unterzeichnet worden;[6] bis 2020 haben im internationalen Kontext lediglich Andorra, der Irak, Somalia und die Vereinigten Staaten das Vertragswerk nicht ratifiziert.[7]

Mit dem 2000 beschlossenen Cartagena-Protokoll, welches 2003 in Kraft trat, und dem 2010 verabschiedeten und im Oktober 2014 in Kraft getretenen[8] Nagoya-Protokoll existieren zwei völkerrechtlich verbindliche Abkommen, mit denen die Ziele der Konvention umgesetzt werden sollen: Während das Cartagena-Protokoll den grenzüberschreitenden Verkehr von gentechnisch veränderten Organismen regelt, etabliert das Nagoya-Protokoll einen rechtlich verbindlichen Rahmen für den Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechten Vorteilsausgleich[9] und formuliert für den weltweiten Artenschutz die so genannten „Aichi-Ziele“.

Am 22. Dezember 2010 riefen die Vereinten Nationen die Jahre 2011 bis 2020 zur „UN-Dekade der Biodiversität“ aus. Sie folgten damit einer Empfehlung der Unterzeichnerstaaten auf der 10. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention „Life in harmony, into the future“ im Oktober des Jahres im japanischen Nagoya.

Um das Bewusstsein der Staatengemeinschaft für die Bedeutung von Biodiversität neben anderen umwelt- und klimapolitischen Themen weiter zu stärken, hat im Dezember 2010 die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Schaffung des sog. Biodiversitätsrates „Zwischenstaatlichen Plattform für Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen“ (IPBES) beschlossen. Ähnlich wie der Weltklimarat, der die Regierungen wissenschaftlich über den Klimawandel berät, soll die IPBES – quasi ein Weltbiodiversitätsrat – die Entwicklung der natürlichen Artenvielfalt auf der Erde wissenschaftlich erfassen und die Umweltpolitik beraten. Deutschland hatte sich seit langem für die Schaffung dieser Plattform eingesetzt und sich schließlich auch erfolgreich um den Sitz des IPBES-Sekretariats am UN-Standort Bonn beworben. Seit Anfang 2014 befindet sich das IPBES-Sekretariat auf dem UN-Campus am Rhein.[10]

Inhalt

Die Konvention hat drei gleichrangige Ziele:

Biologische Vielfalt oder Biodiversität umfasst dabei die

Wichtige Elemente der Biodiversitätskonvention sind dabei: Identifizierung und Überwachung der Biodiversität; ihr Schutz „in situ“, also im Ökosystem, und „ex situ“ z. B. in entsprechenden Einrichtungen zur Speicherung von Saatgut wie Genbanken; Forschung, Bildung und Öffentlichkeitsarbeit; Regelung des Zugangs zu genetischen Ressourcen und des gerechten Vorteilsausgleichs bei deren Nutzung, meist über Inwertsetzung der genetischen Ressourcen; Technologietransfer, wissenschaftliche Zusammenarbeit und Informationsaustausch.

Die Konvention geht weit über die rein ökologischen Erfordernisse hinaus, in dem sie auch soziale, wirtschaftliche, wissenschaftliche, erzieherische, kulturelle und ästhetische Belange anspricht, wie es bereits in ihrer Präambel zum Ausdruck kommt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Bedeutung traditionellen Wissens, das insbesondere bei den ursprünglichen Bewohnern der letzten intakten Wildnisregionen vorhanden ist, die umgangssprachlich oft als „Naturvölker“ bezeichnet werden. So heißt es in Artikel 8, Absatz j):

„soll […] jede Vertragspartei so weit wie möglich […] Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche indigener und lokaler Gemeinschaften mit traditionellen Wirtschaftsformen, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind, achten, bewahren und erhalten, […]“

Bei der Finanzierung der Umsetzung der Biodiversitätskonvention wird den entwickelten Ländern eine besondere Verantwortung zugeschrieben.

Organisation

Die Konvention verfügt über ein ständiges Sekretariat in Montreal. Hier arbeiten Experten an Teilaspekten der Konvention. Ein wichtiger Arbeitsbereich wurde in den letzten Jahren die Organisation von Clearinghouse-Mechanismen auf den verschiedenen Ebenen des Vertrages.

Alle zwei Jahre tritt die Vertragsstaatenkonferenz (VSK; englisch conference of the parties, COP) zusammen. Diese ist das höchste Organ der Konvention. Unterprotokolle wie das Cartagena-Protokoll besitzen eigene Treffen, die sogenannten COP-MOP (englisch Conference of the Parties-Members of the Protocol), die zumeist direkt vor dem Verhandlungssegment der Vertragsstaatenkonferenz stattfinden.

Zwischen den Vertragsstaatenkonferenzen finden Arbeitstreffen zu einzelnen Spezialgebieten statt. Die Konvention hat derzeit vier „Working Groups“ zu den Themen Schutzgebiete, Access-and-Benefitsharing, Artikel 8 (Indigenes Wissen) und eine Working Group on the Review of Implementation of the Convention (WGRI). Ein wissenschaftlich-technisch-technologischer Beirat (SBSTTA) bereitet zudem die Entscheidungen der Vertragsstaatenkonferenz vor, überprüft den Stand der Umsetzung der Konvention und spricht Empfehlungen zur Aufnahme von neuen Themen aus. Zur Finanzierung werden die Globale Umweltfazilität und weitere Förderer herangezogen.[12]

Für die nationale Umsetzung sogenannter „Focal Points“ sind die staatlichen Stellen verantwortlich. In Deutschland liegt die Federführung für das Übereinkommen innerhalb der Bundesregierung beim Bundesumweltministerium (BMU) sowie dessen nachgeordnete Behörde, dem Bundesamt für Naturschutz (BfN). Die nationalen Akteure entwerfen eigene Strategien und berichten über die Umsetzung in nationalen Biodiversitätsberichten. Die Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung ist ein Versuch, die Ziele der Konvention national zu erreichen.

Geschichte und Umsetzung

Beteiligte Staaten
  • unterzeichnet und ratifiziert
  • unterzeichnet, aber nicht ratifiziert
  • nicht unterzeichnet
  • Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt gehörte wie das Klimarahmenabkommen (UNFCCC) und die Wüstenkonvention (UNCCD) zu den drei völkerrechtlichen Verträgen, die bei der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 vereinbart wurden. Seit ihrem Inkrafttreten am 29. Dezember 1993 sind die Bundesrepublik Deutschland[13] und die Europäische Union Vertragsparteien. Österreich und die Schweiz haben ebenfalls 1992 unterzeichnet und dies bis 1994 ratifiziert.[14]

    Mit 196 Vertragsparteien ist die Biodiversitätskonvention eines der erfolgreichsten internationalen Vertragswerke. Sie hat aber mit praktischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Vertragsstaaten sind völkerrechtlich zur Umsetzung der Konvention verpflichtet, jedoch nicht gezwungen. So haben viele Parteien noch keine nationale Biodiversitätsstrategie vorgelegt.[15] Ein Grundproblem sind weit auslegbare Zielformulierungen. Ausnahmen davon sind unter anderem die sogenannten 2010-Ziele und die 16 Ziele der Globalen Strategie zum Schutz der Pflanzen, darunter die Identifizierung und der Schutz von Important Plant Areas.