Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen

aus WikiDoku
Datei:Bratislava Bronze Paparazzo.jpg
Paparazzo (Bronze-Statue)

Die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen ist in Deutschland gemäß § 201a Strafgesetzbuches (StGB) ein Vergehen, das mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann.

Wortlaut

Gesetzestext
unbekannt 
Titel: {{{TITEL}}}
Abkürzung: {{{ABKÜRZUNG}}}
Art: {{{ART}}}
Geltungsbereich: {{{GELTUNGSBEREICH}}}
Rechtsmaterie: {{{RECHTSMATERIE}}}
Fundstelle: {{{FUNDSTELLE}}}
Fassung vom: {{{DIESEFASSUNG}}}
Ursprungsfassung: {{{URSPRUNGSFASSUNG}}}
Bekanntmachung: {{{BEKANNTMACHUNG}}}
Inkrafttreten: {{{INKRAFTTRETEN}}}
Anmerkungen: {{{ANMERKUNGEN}}}
aus: {{{HERKUNFT}}}
Quelle:
{{{EDITIONSRICHTLINIEN}}}
Datei:Tango style Wikipedia Icon.svg [[w:{{{WIKIPEDIA}}}|Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia]]
Bild
[[Bild:{{{BILD}}}|200px]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[Index:|Indexseite]]

Urfassung 2004

Die ursprüngliche Fassung der Vorschrift, durch die nur Personen, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum (z. B. Toiletten- oder Umkleidekabine) aufhielten, trat am Tag nach seiner Verkündung, also am 6. August 2004 in Kraft ({{#invoke:Vorlage:BGBl|getbgbl|2004n I S. 2012|text={{{text}}}}}).[1] Der Gesetzgeber begründete im Gesetzentwurf den damals neuen Tatbestand damit, dass § 33 KUG (der einen Verstoß gegen § 22, § 23 KUG auf Antrag unter Strafe stellt) nicht ausreichend sei.[2] Denn diese Vorschrift bestrafe nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung von unbefugten Bildaufnahmen, nicht jedoch die unbefugte Herstellung und Weitergabe an Dritte.[2] Zudem beende der neue Paragraph die Ungleichbehandlung zwischen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) und dem Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen.[2]

§ 201a StGB ist wegen Kamera-Handys auch für den schulischen Bereich relevant (Umkleidekabinen, Toiletten usw.). Derartige Handys verleiten besonders Jugendliche zum Anfertigen von heimlichen Aufnahmen.

Kritik

Datei:Bundesarchiv Bild 183-1984-0822-503, Fotograf mit Kamera in Wassertonne.jpg
Pressefotograf versteckt sich in einer Wassertonne, um 1930

Bereits im Gesetzgebungsverfahren haben zahlreiche Medienrechtler vergeblich versucht, die Einführung des Paragrafen (auch „Paparazzi-Paragraf“ genannt) zu verhindern. Die Regelung „trifft den Undercover-Journalismus im Kern“, schrieb der Enthüllungsjournalist Hans Leyendecker.[3] Denn Journalisten, die mit versteckter Kamera filmen, machten sich nun möglicherweise strafbar, so Leyendecker. Zudem sind die Tatbestandsmerkmale des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“[4] und des „besonders geschützten Raumes“ Neuschöpfungen des Gesetzgebers, die die Rechtsprechung erst einmal ausfüllen muss.

Verschärfungen 2015 und 2021

Nach der Edathy-Affäre gab Justizminister Heiko Maas insbesondere wegen der Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht[5] eine Verschärfung des Strafgesetzbuchs in Auftrag. Während in seinem Entwurf die unbefugte Herstellung und Verbreitung von Fotos unbekleideter Personen strafbar geworden wäre, wurde dieser Absatz im Bundestag noch verändert: Mit Inkrafttreten der Neufassung am 27. Januar 2015 wurden mehrere Ziffern an den Paragraphen angehängt und die Höchststrafe wurde von einem auf zwei Jahre erhöht. Strafbar wurden das Herstellen und Verbreiten von Aufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, und das Zugänglichmachen von Aufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, für Dritte. Der Verkauf und Erwerb von Aktfotos Minderjähriger gegen Entgelt wurde komplett verboten, die im Entwurf im Mittelpunkt stehende Befugnis wird nun außer Acht gelassen. Allerdings gibt es für all diese neuen Bestimmungen Ausnahmeregelungen, die die Kunst, Wissenschaft, Forschung und Berichterstattung betreffen.[6][7]

Der § 201a StGB wurde vom absoluten zum relativen Antragsdelikt (die Staatsanwaltschaft kann nun bei besonderem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung, z. B. bei Taten gegen Kinder, auch ohne Strafantrag einschreiten) wie sich aus § 205 StGB ergibt. Mit der Änderung wurden Absatz 1 und 2 des § 201a StGB in den Kreis der Privatklagedelikte (§ 374 Abs. 1 StPO) aufgenommen.

Seit 1. Januar 2021 werden auch Verstorbene gegen Bildaufnahmen geschützt, die sie in grob anstößiger Weise zur Schau stellen.[8] Durch die Formulierung „grob anstößig“ soll verhindert werden, dass das Fotografieren aufgebahrter Verstorbener strafbar wird.[9]

Befugnis

Die Absätze 1 und 2 beziehen sich nur auf "unbefugt" Handelnde. Die Befugnis kann sich entweder aus der Einwilligung der abgebildeten Person oder bei Kindern (unter 14 Jahren) aus der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ergeben.

Rechtsprechung

Mit Beschluss vom Juli 2020[10] entschied der Bundesgerichtshof, dass auch unbefugtes Weiterverbreiten von Selbstaufnahmen (vgl. Selfie) strafbar sein könne. § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB (entspricht nunmehr § 201a Abs. 1 Nr. 5 StGB) setzte nicht voraus, dass die „befugt hergestellte Bildaufnahme“ von einem anderen als dem Tatopfer hergestellt worden sei.

Statistik

Die Polizeiliche Kriminalstatistik für Deutschland weist frühestens seit 2009 unter dem Schlüssel 670034 die Straftaten nach § 201a StGB aus, für 2009 bundesweit 2001 Fälle,[11] 2013/2014 bundesweit 4500 bzw. 5600 Fälle aus,[12] die Hälfte der Tatverdächtigen waren zwischen 14 und 21 Jahren alt.[11] In manchen Statistiken, insbesondere vor 2009 wird nur unter dem Schlüssel 670000 „Sonstige Straftaten“ subsumiert.

Im Jahre 2012 wurden aufgrund von § 201a StGB 151 Personen nach Allgemeinem Strafrecht verurteilt, 1 zu Haft, 6 zu Haft auf Bewährung, 144 Geldstrafen, davon 11 über 90 Tagessätze, hinzu kamen 11 nach Jugendstrafrecht, alle zu Zuchtmitteln.[13] Im Jahre 2018 etwa 500 Abgeurteilte, davon 100 nach Jugendstrafrecht: 338 Verurteilungen nach Allgemeinem Strafrecht, davon 1 zu Haft, 15 Haft auf Bewährung, 322 zu Geldstrafen, davon 38 über 90 Tagessätze, ferner 45 Verurteilungen nach Jugendstrafrecht.[14]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. § 201a StGB Dejure.org
  2. a b c BT-Drs. 15/2466{{#invoke:TemplatePar|match |template=Vorlage:BT-Drs |cat=Wikipedia:Vorlagenfehler/Vorlage:BT-Drs |1=1=N>0 |2=1=<100 |4=2=N>0 |5=2=n>0 |6=2=<100000 }} S. 4.
  3. Gestutzte Pressefreiheit. In: Süddeutsche Zeitung, 3. September 2004
  4. Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs bei § 201a StGB Von Prof. Dr. Andreas Hoyer, Kiel, PDF 6 Seiten, Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik
  5. Neunundvierzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht vom 21. Januar 2015 ({{#invoke:Vorlage:BGBl|getbgbl|2015n I S. 10|text={{{text}}}}})
  6. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) (PDF; 304 kB) Deutscher Bundestag, 12. November 2014; abgerufen am 16. November 2014
  7. Strafbarkeit unbefugter und ehrverletzender Fotos - Änderung §201a StGB Rechtambild.de; abgerufen am 21. Januar 2015
  8. 59. Strafrechtsänderungsgesetz ({{#invoke:Vorlage:BGBl|getbgbl|2020 I S. 2075|text={{{text}}}}}), insbesondere Art. 4 zum Inkrafttreten.
  9. BT-Drs. 19/17795{{#invoke:TemplatePar|match |template=Vorlage:BT-Drs |cat=Wikipedia:Vorlagenfehler/Vorlage:BT-Drs |1=1=N>0 |2=1=<100 |4=2=N>0 |5=2=n>0 |6=2=<100000 }} S. 2.
  10. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2020, Az. 4 StR 49/20, NJW 2020, 3608.
  11. a b bmjv
  12. bund.de
  13. Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 3, 2012
  14. Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 3, 2018, veröffentlicht Dezember 2019