„Max Liebermann von Sonnenberg“ – Versionsunterschied

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'''Max Hugo Liebermann von Sonnenberg''' (* [[21. August]] [[1848]] in [[Bielska Struga]], [[Kreis Konitz]]<ref>In den Reichstagshandbüchern wird sein Geburtsort zunächst (1890, 1893) als Bielscastruga, Kreis Tuchel, angegeben, dann 1898 als Weißwasser (früher Bielskastruga), Kreis Marienwerder. Allerdings ist eine solche Umbenennung von Bielska Struga (bis 1875 im Kreis Konitz, danach im Kreis Tuchel gelegen) in „Weißwasser“ nicht nachweisbar. Im Kreis Marienwerder gab es keinen Ort dieses Namens.</ref>; † [[17. September]] [[1911]] in [[Berlin-Zehlendorf|Zehlendorf]], [[Landkreis Teltow|Kreis Teltow]]<ref>Sterberegister Standesamt Zehlendorf, Nr. 145/1911</ref>) war ein deutscher [[Offizier]], Parteigründer, Abgeordneter des [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstags]] und [[Antisemitismus (bis 1945)|antisemitischer]] Publizist im deutschen [[Deutsches Reich|Kaiserreich]].
== Leben ==
Liebermann von Sonnenberg stammte aus einer [[preußisch]]en Offiziersfamilie und trat 1866, wie schon sein Vater vor ihm, in die [[preußische Armee]] ein. Als [[Premierleutnant]] nahm er am [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg]] 1870/71 teil, erlitt schwere Kriegsverletzungen und wurde mit dem [[Eisernes Kreuz|Eisernen Kreuz]] II. Klasse ausgezeichnet. Liebermann verstand es, sein Image als Kriegsheld für seine politische Karriere nutzbar zu machen.
=== „Berliner Bewegung“ und Antisemitenpetition ===
[[Datei:Deutsche Sieben - Antisemiten.JPG|mini|hochkant|„[[Berliner Bewegung]]“: Mitte [[Otto Glagau]]; im Uhrzeigersinn [[Adolf König (Politiker)|Adolf König]], [[Bernhard Förster]], Max Liebermann von Sonnenberg, [[Theodor Fritsch]], [[Paul Förster]] und [[Otto Böckel]], ca. 1880]]
Im Kaiserreich betätigte sich Liebermann politisch in der [[völkische Bewegung|völkischen Bewegung]], nahm auch an den „[[Internationale antijüdische Kongresse|Internationalen Antijüdischen Kongressen]]“ teil. Gemeinsam mit den Agitatoren der „[[Berliner Bewegung]]“ [[Paul Förster|Paul]] und [[Bernhard Förster]] sowie [[Ernst Henrici (Politiker)|Ernst Henrici]] initiierte er eine „[[Antisemitenpetition]]“, die die Juden der wirtschaftlichen, sozialen und rassischen Unterwanderung des deutschen Volkskörpers bezichtigte. Die vier Forderungen der Petition gestalteten sich im Vergleich zur allgemeinen Agitation der „Berliner Bewegung“ eher moderat:
:''1. Einschränkung der Einwanderung von Ostjuden aus Österreich-Ungarn und Rußland.''
:''2. Ausschluß der Juden von allen obrigkeitlichen Stellungen, insbesondere vom Richteramt.''
:''3. Verbot der Anstellung jüdischer Lehrer an Volksschulen und enge Begrenzung ihrer Einstellung an allen übrigen Schulen.''
:''4. Wiederaufnahme der amtlichen Statistik über die jüdische Bevölkerung.''
Die Petition wurde von ca. 250.000 Bürgern unterzeichnet und verschaffte Liebermann deutschlandweite Popularität. Er übergab die Petition 1881 dem Kanzleramt, allerdings ignorierte Reichskanzler [[Otto von Bismarck]] sie.
Im selben Jahr gründete Liebermann gemeinsam mit [[Bernhard Förster]] den Deutschen Volksverein und die antisemitisch ausgerichtete ''[[Deutsche Volkszeitung (1881)|Deutsche Volkszeitung]]'', deren [[Chefredakteur]] er von 1885 bis 1887 war.
1884 verließ er die preußische Armee und widmete sich nun ganz der Arbeit als Schriftsteller und politischer Publizist. 1894 übernahm er [[Theodor Fritsch]]s ''[[Antisemitische Correspondenz]]'', die er als ''Deutsch-Soziale Blätter'' in eine Parteizeitung umwandelte. In ihren Beiträgen wurden die Juden für die Wirtschaftskrisen und sozialen Gegensätze der deutschen [[Industrialisierung]] verantwortlich gemacht. Rassentheoretische Ansätze spielten in den Publikationen eine zunehmende Rolle. Sonnenbergs Antisemitismus kann als mittlere Position zwischen [[Adolf Stoecker]]s christlich-sozialer Judenfeindschaft und dem antikonservativen Flügel der Bewegung um [[Otto Böckel]] und [[Oswald Zimmermann]] gelten.
=== Parteipolitiker ===
1889 erreichte Sonnenberg die Vereinigung diverser antisemitischer Gruppierungen zur ''[[Deutschsoziale Partei|Antisemitischen Deutschsozialen Partei]]''. Für diese zog er 1890 in den deutschen [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]] ein, dessen Mitglied er bis 1911 blieb. Im [[Reichstagswahlkreis Regierungsbezirk Kassel 3]] ([[Kreis Fritzlar|Fritzlar]]-[[Kreis Homberg|Homberg]]-[[Landkreis Ziegenhain|Ziegenhain]]) wurde er stets mit großer Mehrheit wiedergewählt. 1894 vereinte er seine Partei mit der von [[Otto Böckel]] gegründeten [[Antisemitische Volkspartei|Deutschen Reformpartei]] zur [[Deutschsoziale Reformpartei|Deutschsozialen Reformpartei]] (DSRP). Ihr Programm sah vor, die rechtliche Gleichberechtigung der in Deutschland lebenden Juden rückgängig zu machen, und sprach zudem von einer „[[Endlösung der Judenfrage]]“ und der „Vernichtung des Judenvolks“. Außerdem vertrat die DSRP Forderungen nach Sozialreformen zugunsten des [[Mittelstand]]s und der [[Landwirtschaft]]. 1900 spaltete sich die Partei nach heftigen Flügelkämpfen wieder. Liebermann konnte die Zusammenlegung von Reichstagsfraktion und Parteiführung, die ihm uneingeschränkte Kontrolle über die Partei gegeben hätte, nicht durchsetzen. Damit wurde er wieder Vorsitzender der Deutschsozialen Partei. Unabhängig von den parteipolitischen Querelen galt Liebermann in der Öffentlichkeit als charismatischer Redner und führender Kopf des Antisemitismus.
Nach schwachen Wahlergebnissen 1898 und 1903 führte Liebermann seine Partei in eine engere Verbindung mit der [[Deutschkonservative Partei|Deutschkonservativen Partei]] und dem [[Bund der Landwirte]]. 1903 gründete Liebermann die [[Wirtschaftliche Vereinigung (Kaiserreich)|Wirtschaftliche Vereinigung]] als Fraktionsgemeinschaft von Deutschsozialen, Christlichsozialen, Bund der Landwirte und Bayrischem Bauernbund. Die [[Fraktion (Politik)|Fraktion]] setzte sich für Sonderzölle auf [[England|englische]] Waren ein. Sie sollten die Konkurrenzfähigkeit deutscher Firmen schützen, die von einer Pleitewelle bedroht waren. Dafür machten Liebermann und die Klientel seiner Partei den „[[Manchesterliberalismus]]“ im Bunde mit den Juden als angeblichen Drahtziehern verantwortlich. Die Landwirtschaft sollte mit hohen Schutzzöllen gegen den Preisverfall auf dem globalisierten Agrarmarkt geschützt werden.
Insgesamt trat jedoch Liebermanns Antisemitismus zunehmend hinter die Propagierung einer deutschen Kolonial- und Weltmachtpolitik zurück. Ab 1905 unterstützte er den [[Flottengesetze|Flottenbau]] im Wilhelminischen Reich, propagierte einen Krieg gegen England und warnte vor dem englischen [[Parlamentarismus]], den er als „Zersetzung“ des [[Patriotismus]] und der militärischen Stärke Deutschlands verstand. 1908 griff er im Rahmen der [[Daily-Telegraph-Affäre]] den englischen Kolonialminister [[Arthur Neville Chamberlain]] öffentlich an und warf ihm vor, die deutsche [[Monarchie]] zu untergraben. Liebermanns Äußerungen trugen zu einem negativen Deutschlandbild in der englischen Öffentlichkeit erheblich bei.
In [[München]] veröffentlichte Sonnenberg im Sommer 1911 seine [[Memoiren]] ''Aus der Glückszeit meines Lebens. Erinnerungen aus dem großen deutschen Kriege 1870/71''.
Max Liebermann von Sonnenberg starb am 17.&nbsp;September 1911 im Alter von 63 Jahren in Zehlendorf. Er wurde auf dem [[Invalidenfriedhof]] beigesetzt. Das Grabmal ist nicht erhalten geblieben.
== Werke ==
* ''Rheinreise. Ein Cyclus lyrischer Gedichte.'' 1878.
* ''Gedichte.'' 1879.
* ''Die Judenfrage und der Synagogenbrand in Neustettin.'' 1883.
* ''Die Judenfrage und der Synagogenbrand in Neustettin. Rede (nach dem Stenogramm), gehalten am 25. October 1883 in der großen Volksversammlung auf dem Berliner Bock.'' 1883.
* ''Die Schädigung des deutschen Nationalgeistes durch die jüdische Nation. Vortrag.'' 1892.
* ''Die Bauernwürger. Eine Geschichte mit 12 Bildern aus dem Leben.'' 1894.
* ''Aus der Glückszeit meines Lebens. Erinnerungen aus dem großen deutschen Kriege 1870/71.'' 1911.
'''Als Herausgeber'''
* ''Beiträge zur Geschichte der antisemitischen Bewegung vom Jahre 1880–1885 bestehend in Reden, Broschüren, Gedichten.'' 1885.
== Literatur ==
* Elke Kimmel: ''Liebermann von Sonnenberg, Max Hugo''. In: ''[[Handbuch des Antisemitismus]]'', Band 2: ''Personen'', Teilband 2: ''L ― Z''. De Gruyter Saur, Berlin 2009, ISBN 978-3-598-24072-0, S. 482f.
* [[Richard S. Levy]]: ''The Downfall of the antisemitic parties in Imperial Germany'' (= Yale historical publications, Miscellany, Bd. 106). Yale University Press, New Haven 1975, ISBN 0-300-01803-7.
* Thomas Weidemann: ''Politischer Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich. Der Reichstagsabgeordnete Max Liebermann von Sonnenberg und der nordhessische Wahlkreis Fritzlar-Homberg-Ziegenhain.'' In: Hartwig Bambey (Hrsg.): ''Heimatvertriebene Nachbarn. Beiträge zur Geschichte der Juden im Kreis Ziegenhain''. Verlag Stadtgeschichtlicher Arbeitskreis, Schwalmstadt-Treysa 1993, ISBN 3-924296-07-3, Band, 1, S. 113–184.
* Thomas Weidemann: ''Hessentag vor 100 Jahren.'' In: ''Hessisch-Niedersächsische Allgemeine.'' vom 31. Mai 2008.
* Thomas Weidemann: ''1908 – großes „hessisches Volksfest“ in Treysa.'' In: ''Schwälmer Jahrbuch 2009.'' S. 165–168. Hrsg. Schwälmer Heimatbund 2008.
* Ferdinand Werner: ''Liebermann v. Sonnenberg.'' In: ''Deutscher Aufstieg. Bilder aus der Vergangenheit und Gegenwart der rechtsstehenden Parteien.'' hrsg. v. Hans von Arnim und Georg von Below. Schneider, Berlin 1925. S. 315–321.
== Weblinks ==
{{Commonscat}}
{{Wikisource}}
* {{DNB-Portal|101888082}}
* {{ReichstagDB|101888082|Liebermann von Sonnenberg, Max Hugo}}
* {{Biorabk| Max Hugo von Liebermann von Sonnenberg|1478}}
* {{DHM-HdG|Bio=max-sonnenberg|Autor=Alexander Mühle, Arnulf Scriba}}
* [https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direktlink/de94bec2-4631-4ad7-b2c1-597774261b29/ Nachlass BArch N 2177]
* {{LAGIS|ref=nein|DB=HBN|ID=101888082|titel=Liebermann von Sonnenberg, Max Hugo|datum=2022-07-21}}
== Einzelnachweise ==
<references />
{{Navigationsleiste Abgeordnete des Reichstagswahlkreises Regierungsbezirk Kassel 3}}
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{{SORTIERUNG:Liebermann Von Sonnenberg, Max}}
[[Kategorie:Publizist]]
[[Kategorie:Oberleutnant (Preußen)]]
[[Kategorie:Person im Deutsch-Französischen Krieg]]
[[Kategorie:Politiker (Deutsches Reich)]]
[[Kategorie:Mitglied im Deutschbund]]
[[Kategorie:Mitglied der Deutschsozialen Partei]]
[[Kategorie:Mitglied der Deutschen Reformpartei]]
[[Kategorie:Reichstagsabgeordneter (Deutsches Kaiserreich)]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Autor (Antisemitismus)]]
[[Kategorie:Literatur (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]]
[[Kategorie:Lyrik]]
[[Kategorie:Herausgeber]]
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== Werke ==   
* Rheinreise. Ein Cyclus lyrischer Gedichte, 1878
* Gedichte, 1879
* Die Judenfrage und der Synagogenbrand in Neustettin, 1883
* Die Judenfrage und der Synagogenbrand in Neustettin. Rede (nach dem Stenogramm), gehalten am 25. October 1883 in der großen Volksversammlung auf dem Berliner Bock, 1883
* Die Schädigung des deutschen Nationalgeistes durch die jüdische Nation. Vortrag, 1892
* Die Bauernwürger. Eine Geschichte mit 12 Bildern aus dem Leben, Leipzig 1894<ref>[https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/123894 Max Liebermann von Sonnenberg: Die Bauernwürger. Eine Geschichte mit 12 Bildern aus dem Leben, Leipzig: Beyer, [1894]</ref>
* Aus der Glückszeit meines Lebens. Erinnerungen aus dem großen deutschen Kriege 1870/71, 1911
* '''[[Der Blutmord in Konitz]]''', Berlin 1901
=== Als Herausgeber ===
* Beiträge zur Geschichte der antisemitischen Bewegung vom Jahre 1880-1885 bestehend in Reden, Broschüren, Gedichten, 1885

Aktuelle Version vom 3. Februar 2024, 07:03 Uhr

Max Liebermann von Sonnenberg
[[Bild:|220px|Max Liebermann von Sonnenberg]]
[[Bild:|220px]]
* 21. August 1848 in Bielska Struga
† 17. September 1911 in Berlin
deutscher Offizier, Parteigründer, Abgeordneter zum Reichstag und antisemitischer Publizist
Bilder und Medien bei Commons
GND-Nummer 101888082
WP-Personensuche, SeeAlso, Deutsche Digitale Bibliothek
DNB: Datensatz, Werke

Werke

  • Rheinreise. Ein Cyclus lyrischer Gedichte, 1878
  • Gedichte, 1879
  • Die Judenfrage und der Synagogenbrand in Neustettin, 1883
  • Die Judenfrage und der Synagogenbrand in Neustettin. Rede (nach dem Stenogramm), gehalten am 25. October 1883 in der großen Volksversammlung auf dem Berliner Bock, 1883
  • Die Schädigung des deutschen Nationalgeistes durch die jüdische Nation. Vortrag, 1892
  • Die Bauernwürger. Eine Geschichte mit 12 Bildern aus dem Leben, Leipzig 1894[1]
  • Aus der Glückszeit meines Lebens. Erinnerungen aus dem großen deutschen Kriege 1870/71, 1911
  • Der Blutmord in Konitz, Berlin 1901

Als Herausgeber

  • Beiträge zur Geschichte der antisemitischen Bewegung vom Jahre 1880-1885 bestehend in Reden, Broschüren, Gedichten, 1885