Ernst & Young

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Ernst & Young Global Limited (EYG)

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Rechtsform Ltd.
Gründung 1989 (einzelne Gesellschaften seit 1849)
Sitz London, Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich[1]
Leitung replace|Carmine Di Sibio
(Chairman & CEO)|*|
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Mitarbeiterzahl replace|312.250 (2020/21)[2]|*|
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Umsatz replace|40 Mrd. USD (2020/21)[2]|*|
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Branche Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung, Managementberatung
Website [https://www.ey.com www.ey.com]

Ernst & Young ist ein unter dem Kürzel EY global operierendes Netzwerk rechtlich selbstständiger und unabhängiger Unternehmen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung, Risk Advisory, Financial Advisory sowie Unternehmens- bzw. Managementberatung und klassische Rechtsberatung.

Die internationale EY-Organisation unter dem Dach von Ernst & Young Global Limited (EY Global) beschäftigte im Geschäftsjahr 2020/21 312.250 Mitarbeiter an über 700 Standorten in über 150 Ländern. Der Gesamtumsatz des weltweiten Netzwerks belief sich im Geschäftsjahr 2020/21 auf 40 Mrd. USD.[2]

Ernst & Young ist eine der vier umsatzstärksten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt und zählt zu den sogenannten Big Four.[3]

Geschichte

Das heutige Unternehmen Ernst & Young ist das Ergebnis einer Reihe von Verschmelzungen von Vorgängerorganisationen. Die älteste Ursprungsgesellschaft wurde 1849 in England als Harding & Pullein gegründet. Im selben Jahr trat der Amerikaner Frederick Whinney in das Unternehmen ein. Er wurde 1859 Partner, und mit seinen Söhnen als weiteren Partnern wurde das Unternehmen 1894 in Whinney, Smith & Whinney umbenannt.

Alwin und Theodore Ernst gründeten 1903 in Cleveland die Firma Ernst & Ernst. 1906 wurde Arthur Young & Company in Chicago gegründet. Ein Klient von Ernst & Ernst in den 1920er-Jahren war der als „Zündholzkönig“ bekannte Spekulant Ivar Kreuger.[4]

1965 verschmolz Whinney, Smith & Whinney mit Brown, Fleming & Murray zu der Buchführungs- und Beratungsfirma Whinney Murray. Whinney, Smith & Whinney waren schon seit den 1940er-Jahren eng mit Ernst & Ernst verbunden, und 1979 schlossen sich Whinney Murray, Ernst & Ernst und Turquands Barton Mayhew als Ernst & Whinney zusammen, der damals viertgrößten Buchführungsgesellschaft der Welt. 1989 verschmolz diese Nummer vier mit der damaligen Nummer fünf, Arthur Young, woraus Ernst & Young entstand. Das Unternehmen baute seine Beratungsaktivitäten in den 1980er- und 1990er-Jahren stark aus. Die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC und institutionelle Investoren äußerten zunehmende Bedenken wegen möglicher Konflikte zwischen Beratungs- und Prüfungstätigkeiten. Ernst & Young war das erste der fünf größten US-Wirtschaftsprüfungsunternehmen, das seine Aktivitäten auf dem Gebiet der Systemintegration und des Auditing formal und faktisch vollständig trennte.

Im Mai 2000 wurde der Beratungsbereich für 11 Milliarden US-Dollar an das französische Beratungs- und IT-Service-Unternehmen Cap Gemini verkauft, woraus die Beratungsfirma Cap Gemini Ernst & Young entstand, die später in Capgemini zurückbenannt wurde.

Zum 1. Juli 2013 übernahm Mark Weinberger die Position des Global Chairman und CEO der globalen EY-Organisation und richtete das Unternehmen neu aus. Unter seiner Führung wurde der Markenname von Ernst & Young zu „EY“ geändert.[5]

Zu den Kunden von EY gehören u. a. Amazon, Amgen, Beiersdorf AG, BP, Coca-Cola, Google, HeidelbergCement, Intel, Oracle und Siemens,[6] sowie Disney, Koch Industries,[7] VW AG, Lufthansa Group und die Deutsche Bank.[8]

Skandale

Im Zusammenhang mit der Insolvenz von Lehman Brothers, welche Auslöser der Finanzkrise 2008 war, wurde EY vorgeworfen, Bilanztricks der Bank abgenickt zu haben. Die Bank soll die eigene Verschuldung jeweils zum Quartalsende künstlich niedrig dargestellt haben. Im Dezember 2010 erhob New Yorks Attorney General Andrew Cuomo Anklage gegen Ernst & Young. Dem Unternehmen wurde vorgeworfen, der Investmentbank Lehman Brothers mit Bilanztricks und Repo-105-Geschäften geholfen zu haben, das Ausmaß der wahren Verschuldung zu verschleiern. Cuomo forderte nicht nur die mehr als 150 Millionen US-Dollar an Gebühren zurück, die Ernst & Young in den Jahren 2001 bis 2008 für die Prüfung der Lehman-Bücher kassiert hatte, sondern wollte zudem den Schaden eintreiben, der den Investoren entstanden war, als die Bank im September 2008 pleiteging.[9][10] Mitte April 2015 zahlte EY 10 Millionen US-Dollar in einem Vergleich[11] mit Cuomos Nachfolger Eric Schneiderman. Zusätzlich hat EY 99 Millionen US-Dollar an Investoren gezahlt.[12]

Der Insolvenzverwalter der Maple Bank GmbH verklagte EY aufgrund pflichtwidrig testierter Abschlussberichte im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal auf 95 Millionen Euro Schadensersatz. Zudem soll EY geholfen haben, falsche Steuererklärungen zu erstellen.[13][14] Die Maple Bank musste Insolvenz anmelden.

Im Rahmen des Bilanzskandals des ehemaligen Kunden Wirecard wurden im Juni 2020 Strafanzeigen durch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V und im September 2020 durch die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) gegen einige Abschlussprüfer von EY erstattet.[15][16] Zudem wurden Sammelklagen gegen EY vor Gericht eingereicht.[17] EY hatte Wirecards Jahresabschlüsse von 2009 bis 2018 testiert, bevor im Juni 2020 auffiel, dass 1,9 Milliarden Euro fehlten. Dies geschah, obwohl bereits seit 2016 öffentlich über fragwürdige Vorgänge bei Wirecard berichtet wurde.[18] Laut Financial Times hatte EY drei Jahre lang versäumt, Routineanfragen an eine Bank zu stellen, die möglicherweise das Fehlen des Geldes früher hätten aufdecken können.[19] Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Bilanzskandal hat zwei Mitarbeiter des Abschlussprüfers Ernst & Young mit Bußgeldern belegt, weil die beiden Vorgeladenen nicht konkret zum Fall aussagen wollten.[20] Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) untersucht infolge des Bilanzskandals, ob eine Prüfung von Abschlüssen der von ihr beaufsichtigten Unternehmen durch EY ausgeschlossen werden soll. Finanzkonzerne müssen ihre Abschlussprüfer bei der Bafin benennen, die sie ablehnen kann. Dies ist nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums allerdings bis dato noch nie geschehen.[21] Im Mai 2021 wurde bekannt, dass der britische Prozessfinanzierer Litfin Ansprüche von 20.000 Wirecard-Geschädigten gesammelt und Klagen vorbereitet hat, die sich „überwiegend“ gegen EY richten. Beauftragt ist die Kanzlei Pinsent Masons. Außerdem sind beim Landgericht Stuttgart 280 Klagen von Wirecard-Anlegern gegen EY anhängig, die rund 42 Millionen Euro Schadenersatz fordern.[22]

Anfang April 2023 stellte die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) im Wirecard-Skandal fest, dass EY Pflichtverletzungen begangen habe, und verbot EY zwei Jahre lang, in Deutschland neue Prüfungsmandate bei Unternehmen von öffentlichem Interesse zu übernehmen. Dazu zählen alle börsennotierten Unternehmen.[23] Außerdem verhängte die APAS gegen EY eine Geldbuße von 500.000 Euro – das Maximum des zum Zeitpunkt der Verfehlungen geltenden Strafrahmens. Gegen fünf ehemalige Wirecard-Wirtschaftsprüfer, gegen die die APAS ein Aufsichtsverfahren eingeleitet hatte, verhängte sie Geldbußen zwischen 23.000 und 300.000 Euro, da sie es als erwiesen ansah, dass sie bei der Testierung der Abschlüsse für die Jahre 2016 bis 2018 ihre Berufspflichten verletzt hatten. Weitere sieben Prüfer hatten im Lauf der Aufsichtsverfahren ihre Zulassungen zurückgegeben, womit die APAS nicht mehr zuständig war; damit endeten deren Verfahren automatisch und ohne Ergebnis.[24]

Mitte Dezember 2023 wurde bekannt, dass die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) eine Schadensersatzklage in Höhe von 700 Millionen Euro beim Landgericht München eingereicht hat. Sie vertritt mehr als 13.000 institutionelle und private Anlegerinnen und Anleger gegen Ernst & Young. Die eingereichte Klageschrift umfasste 80.000 Seiten.[25]

EY Deutschland

Die deutsche EY-Gruppe hat ihren Hauptsitz in Stuttgart (Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft). Offiziell liegt der deutsche EY-Hauptsitz in der Gemarkung der Stadt Leinfelden-Echterdingen, wo das Unternehmen auch Gewerbesteuer zahlt.[26][27] Ende Juni 2019 beschäftigte sie 11.124 Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 2018/2019 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 2,1 Mrd. Euro und belegte damit Platz zwei unter den vier großen deutschen Prüfungs- und Beratungsunternehmen („Big Four“).[28] Im Bereich der Steuerberatung war EY in Deutschland mit einem Umsatz in Höhe von 707 Millionen Euro die größte Steuerberatungsgesellschaft am Markt; auf Platz zwei lag PwC mit einem Umsatz in Höhe von 565,5 Millionen Euro.[29]

EY ist an 20 Niederlassungen in Deutschland präsent: Berlin, Bremen, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Eschborn/Frankfurt (Main), Essen, Freiburg, Hamburg, Hannover, Heilbronn, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Ravensburg, Saarbrücken, Stuttgart und Villingen-Schwenningen.[30]

Im Dezember 2008 legte EY seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht vor. Der Bericht informiert nach eigenen Angaben über die ethisch, gesellschaftlich und ökologisch relevanten Aktivitäten und Vorhaben in allen Unternehmensbereichen.[31]

Am 13. April 2016 leitete die Staatsanwaltschaft Stuttgart im Zusammenhang mit der Anklage wegen vorsätzlichen Bankrotts in 36 Fällen[32] gegen die Drogeriekette Schlecker auch Strafverfahren gegen zwei Angestellte von Ernst & Young ein,[33] welche gegen Zahlung einer Geldauflage Ende Mai 2017 eingestellt wurden.[34]

2021 wurde ein Mitarbeiter von EY Deutschland freigestellt, nachdem dieser eine Maskenlieferantin im Zuge der Maskenbeschaffung des Bundesgesundheitsministeriums sexuell bedrängt hatte.[35][36]

Niederlassung von EY in Eschborn bei Frankfurt

Dienstleistungsangebot

Das Dienstleistungsangebot von EY Deutschland umfasst die Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Beratung (Assurance), die nationale und internationale Steuerberatung (Tax), die Strategie- und Transaktionsberatung (Strategy and Transaction) inkl. den Dienstleistungen der Managementberatung EY Parthenon (ehemals OC&C Deutschland) und die eher umsetzungsnahe Managementberatung der EY-Kunden (Consulting). Zudem berät die EY Law Rechtsanwaltsgesellschaft in allen Feldern des nationalen und internationalen Wirtschaftsrechts. Die Dienstleistungen richten sich sowohl an Konzerne, Private Equity/Finanzinvestoren als auch an mittelständische Unternehmen.[37]

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