Marienstiftsgymnasium

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Marienstift-Gymnasium (historische Postkarte)
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Heutige Ansicht des Mariengymnasiums am Marienplatz (2009)

Das Marienstiftsgymnasium war ein Gymnasium in Stettin, hervorgegangen aus dem im 16. Jahrhundert gegründeten Fürstlichen Pädagogium Stettin. Zeitweise hatte es in Pommern den Rang einer zweiten Landesuniversität nach Greifswald. Nach einer durch die Kriege im 17. Jahrhundert bewirkten Krise folgte im 19. Jahrhundert der Aufstieg zur führenden Schule der preußischen Provinz Pommern. 1805 wurde es zur Raths- und Stadtschule bzw. zum Königlichen und Stadtgymnasium.[1] Das Stadtgymnasium wurde 1869 vom humanistischen Marienstiftsgymnasium abgetrennt. Mit der Evakuierung beider Gymnasien während des Zweiten Weltkriegs endete eine 400-jährige Geschichte.

Geschichte

Frühe Neuzeit

Mit der Reformation in Pommern entstand das Bedürfnis, ein evangelisches Schulwesen aufzubauen, um für das Land erwünschte Geistliche und Beamte auszubilden. Weil zu dieser Zeit nur wenige Studenten die Universität Greifswald besuchten, wurde erwogen, eine zweite Hochschule in Pommern einzurichten. Als Zwischenlösung stifteten 1543 die Herzöge Barnim IX. (XI.) von Pommern-Stettin und Philipp I. von Pommern-Wolgast in Stettin ein Pädagogium. In der am 25. Oktober 1543 in Jasenitz unterzeichneten Stiftungsurkunde wurde festgelegt, in dieser Schule 24 Jungen zu unterrichten, die älter als zwölf Jahre sein mussten. Die Dauer der Schulzeit wurde mit acht Jahren angegeben. Die Finanzierung erfolgte aus den Einnahmen des bisherigen Marienstifts und des bisherigen Ottenkapitels, die jährlich zwischen 8000 und 12.000 Talern lagen. Dazu kamen noch Spenden und das Schulgeld, das die Schüler zu entrichten hatten. Das erste Statut der Schule entwarf Paul vom Rode.

Hauptfach war die lateinische Sprache, die gleichzeitig Unterrichtssprache war. Dazu kamen Griechisch und Hebräisch. Über die klassische Literatur sowie die Bibel wurden Rhetorik und Dialektik studiert. Ebenso wichtig war die Religionslehre nach Werken Martin Luthers und besonders Philipp Melanchthons. In der Praxis erlernten die Schüler ferner die evangelische Liturgie und das religiöse Zeremoniell, Gesang und Orgelspiel eingeschlossen. Neben der im Religionsunterricht behandelten Philosophie bildeten im Pädagogium Mathematik, Astronomie und Rechtswissenschaften geringere Anteile der durchschnittlich 30 Wochenstunden.

Die Schule fand durch ihr akademisches Niveau bald Anerkennung. Die Mehrheit der Schüler stammte aus Pommern, andere aus Brandenburg, Mecklenburg, Schweden, Ungarn und Polen, viele aus Familien des deutschen Landadels.[2] Von der Eröffnung 1544 bis zur Übernahme Stettins durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg hatte die Schule etwa 5500 Absolventen.

Während des Krieges geriet das Pädagogium in eine Krise. Die schlechte finanzielle Lage und der starke Rückgang der Schülerzahl bewogen die Schwedische Regierung in Pommern 1667 dazu, das Pädagogium zu schließen. An seiner Stelle wurde das Regnum Gymnasium Carolinum gegründet, das nach dem König Karl XI. von Schweden benannt war. Als der Große Kurfürst von Brandenburg in den Jahren 1676 und 1677 Stettin belagerte, brannte das Gebäude des Gymnasiums nieder. Nach dem Wiederaufbau 1687 besuchten es nur noch 27 Schüler.

Nach der Einnahme Stettins durch brandenburgische Truppen 1715 ließ der neue preußische Landesherr Friedrich Wilhelm I. die Schule unter dem Namen „Akademisches Gymnasium“ weiterführen und ordnete das Kuratorium neu. Die Schülerzahlen blieben im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts gering, so waren es 1768 nur sechs Schüler. 1777 schrieben sich 17 Schüler ein. Eine von den Professoren Nikolaus Maaß und Heinrich Moritz Titius mit einigen Studierenden 1751 gegründete Redner- und Dichtergesellschaft zu Stettin ging bereits 1753 wieder ein.[3]

1805–1945

Friedrich Wilhelm III. von Preußen erließ 1805 eine Kabinettsorder, womit das Gymnasium mit dem Ratslyzeum zum „Vereinigten Königlichen und Stadt-Gymnasium“ zusammengelegt wurde. Beeinflusst durch die Bildungsreformen Wilhelm von Humboldts entwickelte sich das Gymnasium unter Friedrich Koch zur führenden Schule der preußischen Provinz Pommern. Als Bildungseinrichtung, die sich dem Programm des Neuhumanismus verpflichtet fühlte, gehörte neben dem Sprachunterricht (Latein, Griechisch, Hebräisch, Französisch, wenig Englisch) der Unterricht in Geschichte und Geographie sowie Zeichnen und Kalligraphie zu den Schulfächern. Seit 1804 wurden an einem Lehrerseminar Volksschullehrer ausgebildet. 1840 wurde daneben in der Mönchenstraße eine Bürgerschule unter Karl Gottfried Scheibert eröffnet, die Friedrich-Wilhelms-Schule, aus der 1859 eine Oberrealschule wurde.

Die Schülerzahl an der vom Bürgertum sehr geschätzten Schule nahm wieder stark zu und erreichte 1863 rund 750 Lerner. Daher hat 1869 Albert Heydemann die Schule aufgeteilt in das realistische Stadtgymnasium (Rats-Lyceum zu Stettin) und das humanistische Marienstiftsgymnasium, dem das Jageteufelsche Collegium angeschlossen wurde. Trotz der Teilung blieb die Schülerzahl hoch. So besuchten 1879 wieder 655 und 1905 725 Schüler das Marienstiftsgymnasium.

Mit seinem humanistischen Hintergrund wurde das Marienstiftsgymnasium im Dritten Reich die Schule der Bekennenden Kirche. Im Zweiten Weltkrieg diente es auch als Feldlazarett.

Wegen der Gefahr von Luftangriffen wurden 1943 eine beide Stettiner Gymnasien nach Stargard, 1944 dann ins Innere Deutschlands verlegt, womit die Geschichte des Marienstiftsgymnasiums ihr Ende fand.

Zwischen den ehemaligen Schülern des Marienstiftsgymnasiums und dem Katharineum zu Lübeck entstand in den 1950er Jahren eine Patenschaft.

Gebäude

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Heutiges Schulgebäude von 1915 in der ehem. Schlutowstraße (II. Liceum, ul. Henryka Pobożnego)

An der Stelle der 1789 durch ein Feuer zerstörten St.-Marien-Kirche an der Domstraße 1 entstand 1830–1832[4] das „Alte Marienstiftsgymnasium“ im klassizistischen Stil. Bis dahin fand der Unterricht teils in der Domstraße, teils in der Mönchenstraße (Ratsschule) statt. Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Gebäude wurde ab 1960 originalgetreu wieder aufgebaut als Sitz einerer Grundschule und später einer Sekundarschule mit Namen Helden von Monte Cassino. Heute beherbergt es das Marien-Gymnasium (Sek. I).[5]

1915 wurde in der Schlutowstraße an der Hakenterrasse (ul. Henryka Pobożnego) das Neue Marienstiftsgymnasium eingeweiht. In diesem Gebäude befindet sich heute das II. Allgemeinbildende Liceum „Mieszko I.“ Stettin (II Liceum Ogólnokształcące im. Mieszka I).

Datei:Stadtgymnasium in Stettin, 1916 (I Liceum Ogólnokształcące in Szczecin, now).jpg
Stadtgymnasium 1916

Für das abgetrennte Stadtgymnasium wurde 1900–1903 vom Stadtbaurat Wilhelm Meyer-Schwartau ein Schulgebäude an der Barnimstraße 12 errichtet. Darin befindet sich heute das I Liceum Ogólnokształcące im. Maria-Skłodowska-Curie in der Aleja Piastów 12.[6]

Bekannte Schüler und Lehrer

Schüler

(16. und 17. Jahrhundert)

  • Daniel Cramer (auch: Candidus; 1568–1637), deutscher lutherischer Theologe, Chronist und Autor
  • Jakob Fabricius (Theologe) (1593–1654), lutherischer Theologe und Kirchenliederdichter
  • Samuel Franck (1633–1679), Kantor
  • Philipp Horst (1584–1664), deutscher Rhetoriker und Moralphilosoph
  • Christian Kortholt der Ältere (1633–1694), Professor der Theologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
  • Germanus Luidtke (1592–1672), deutscher Jurist und Bürgermeister in Stendal, Kanonikus in Havelberg
  • Johannes Micraelius (eigentlich: Johannes Lütkeschwager; 1597–1658), deutscher Dichter, Philosoph und Historiker
  • Johann Jacob Pfeiff (1613–1676), deutschbaltischer evangelischer Geistlicher, Bischof von Estland
  • Christoph Redecker (1652–1704), deutscher Rechtswissenschaftler, Hochschullehrer und Bürgermeister von Rostock
  • David Runge (auch: Rungius; 1564–1604), deutscher lutherischer Theologe
  • Georg Völkner (1595–1664), deutscher Gymnasiallehrer und Autor theologischer Schriften
  • Peter Wasmund (1586–1632), Jurist und Hochschullehrer
  • Christian Zickermann (1672–1726), Pfarrer an der Stettiner Peter-Paulskirche und Geschichtsforscher

(18. bis 20. Jahrhundert)

Lehrer

Zeitraum Name Lehrtätigkeit Sonstige Tätigkeiten
1554–1557 f}} Rektor
1556–1588 f}} Theologie von 1570 bis 1572 Generalsuperintendent von Pommern-Stettin
1579–1592 f}} Rektor, Rhetorik, Theologie
1587–1630 f}} Musik
1589–1592 f}} Rektor, Theologie
1592–1594 f}} Theologie
1594–1636 f}} Theologie
1612–1649 f}} Konrektor. Griechisch, Poesie
1615–1623 f}} Direktor;
1641–1648 f}} Musik
1641–1658 f}} Rektor
1642–1654 f}} Theologie
1647– f}} Recht
1650–1660 f}} Griechisch, Poesie später Rektor am Thorner Gymnasium
1668–1668 f}} Theologie
1668–1676 f}} Musik, Griechisch
1668–1678 f}} Rektor
1672–1676 f}} Rektor
1678– ? Johann Ernst von Pfuel Rektor später Hofprediger des Herzogs zu Mecklenburg, Kirchenrat von Mecklenburg-Güstrow
1710–1721 f}} Theologie, orientalischen Sprachen
1716–1752 f}} Recht
1716–1757 f}} Rektor, Philosophie und Stil
1751–1753 f}} Beredsamkeit und Dichtkunst
1752–1773 f}} Recht
1764–1774 f}} Rektor, Theologie und Orientalistik
1774–1797 f}} Physik, Mathematik
1788–1816 f}} Rektor, Geschichte und Rhetorik
1797–1815 f}} Mathematik, Physik Schüler und pädagogischer Seminarleiter
1803–1854 f}} Rektor (ab 1828)
1805–1828 f}} Konrektor (ab 1805), Rektor (1816–1828) zunächst gleichzeitig, ab 1828 vollzeitlich Schulrat der Provinzialregierung
1810–1813 f}} Naturwissenschaften
1816–1866 f}} Deutsch, Geschichte, Theologie
1820–1866 f}} Musik
1822–1876 f}} Geschichte, Latein und Deutsch
1827–1842 f}} Philologe veröffentlichte zur Geschichte Pommerns
1829–1840 f}} Religion, Sprachen, Mathematik und Geschichte
1841–1883 f}} Kunst
1842–1849 f}} Altphilologie Professor an der Universität Wien
1847–1866 f}} Mathematik Mathematikhistoriker, später besoldeter Stadtrat und Stadtschulrat in Stettin
1847–1855 f}} später Oberschulrat im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach
1849–1852 f}} Sprachen, Mathematik, Geschichte schuf mit Césaire Villatte das Langenscheidt Großwörterbuch Französisch Sachs-Villatte
1851–1856 Gustav Wendt Altphilologie später Oberschulrat im Großherzogtum Baden
1852–1859 f}} Deutsch, Sprachen
1852–1877 f}} Mathematik, Sprachen
1853–1857 f}} Deutsch
1856–1877 f}} Direktor
1866–1910 f}} Musik
1871–1912? f}} Sport
1873–1881 f}} Oberlehrer
1884–1912 f}} Oberlehrer
1914–1930 f}} Direktor; Deutsch, Geschichte
1914–1945 f}} Geographie, Germanistik und Romanistik
1919–1944 f}} Studienrat; Kunst

Quellen

  • Festschrift zum dreihundertfünzigjährigen Jubiläum des Königlichen Marienstifts-Gymnasiums zu Stettin am 24. und 25. September 1894. Herrcke & Lebeling, Stettin 1894 (mit Verzeichnis der Lehrer 1805–1894, S. 166 ff.; {{#invoke:WLink|getEscapedTitle|Scan}} in der Google-Buchsuche{{#invoke:TemplatePar|check

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Literatur

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  • Martin Wehrmann: Geschichte von Pommern. Band 2. Friedrich Andreas Perthes, Gotha 1919–21. Reprint: Weltbild Verlag 1992, ISBN 3-89350-112-6, S. 44 ff. (Scan – Internet Archive{{#invoke:TemplatePar|match
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Weblinks

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Einzelnachweise

  1. {{#invoke:Vorlage:Literatur|f}}
  2. Hugo Lemcke: Studierende aus Pommerschen und anderen Adelsgeschlechtern auf dem Pädagogium, später Gymnasium Academicum, aufgenommen 1543 und 1576–1665. Mitgetheilt aus der Stiftungsurkunde und dem Album studiosorum. In: Vierteljahresschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie. IX. Jg., Berlin 1881, S. 71–89 (Fehler im Ausdruck: Nicht erkanntes Satzzeichen „{“#v=onepage {{#invoke:WLink|getEscapedTitle|Scan}} in der Google-Buchsuche{{#invoke:TemplatePar|check |all= |opt= Suchbegriff= BuchID= Seite= Band= SeitenID= Hervorhebung= Linktext= Land= KeinText= |cat= Wikipedia:Vorlagenfehler/Vorlage:Google Buch |template= Vorlage:Google Buch |format= }}).
  3. Andreas Erb: „Dem Gymnasio mehr schädlich, als nützlich gewesen“? – Die „Redner- und Dichtergesellschaft zu Stettin“ (1751–1753). In: Baltische Studien. N. F. Band 96, 2010, ISSN 0067-3099, S. 67–80.
  4. Hans Vogel: Friedrich Schinkel und die Stettiner Baukunst des Klassizismus. In: Unser Pommerland. Heft 8/1927, S. 351 (enthält auch eine Ansicht des Gebäudes nach einer alten Lithografie).
  5. https://zabytek.pl/pl/obiekty/szczecin-gimnazjum-mariackie
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