Mutterschutz

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Mutterschutz ist die Summe gesetzlicher Vorschriften zum Schutz von Mutter und Kind vor und nach der Entbindung. Dazu gehören Beschäftigungsverbote vor und nach der Geburt, ein besonderer Kündigungsschutz für Mütter sowie Entgeltersatzleistungen während des Beschäftigungsverbotes (Mutterschaftsgeld) und darüber hinaus (Elterngeld).

Übereinkommen Nr. 183 der IAO über den Mutterschutz

Das Übereinkommen Nr. 183 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), in Kraft getreten 2002[1], gibt den Vertragsstaaten Mindeststandards des Mutterschutzes vor. Es ersetzt das Übereinkommen Nr. 103 über den Mutterschutz von 1952.[2]

Das Übereinkommen gewährt allen unselbstständig beschäftigten Frauen, einschließlich denjenigen, die in atypischen Formen abhängiger Arbeit tätig sind, einen Mutterschutz von mindestens 14 Wochen. Des Weiteren enthält das Übereinkommen Nr. 183 Normen zum Gesundheitsschutz, zum Urlaub im Falle von Krankheit oder Komplikationen, zu Geld- und medizinischen Leistungen, zum Beschäftigungsschutz und zur Nichtdiskriminierung sowie zum Schutz stillender Mütter. Es führt durch einen Verweis auf die innerstaatliche Gesetzgebung und Praxis eine verstärkte Flexibilität ein, mit dem Ziel, eine größere Anzahl von Ratifikationen zu erreichen.[3]

Gemäß Artikel 2 des Übereinkommens gilt es für alle unselbstständig beschäftigten Frauen. Artikel 3 verlangt von den Mitgliedstaaten, dass sie, nach Anhörung der repräsentativen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass schwangere oder stillende Frauen nicht gezwungen sind, Arbeiten zu verrichten, die für die Gesundheit der Mutter oder des Kindes schädlich sind oder eine erhebliche Gefahr für deren Gesundheit darstellen. Artikel 4 schreibt vor, dass jede Frau, auf die das Übereinkommen Anwendung findet, Anspruch auf einen mindestens vierzehnwöchigen Mutterschaftsurlaub hat. Dazu gehört ein sechswöchiger obligatorischer Urlaub nach der Entbindung, soweit auf innerstaatlicher Ebene von der Regierung und den repräsentativen Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer nichts anderes vereinbart wird. Gemäß Artikel 5 muss im Falle von Krankheit, Komplikationen oder der Gefahr von Komplikationen als Folge der Schwangerschaft oder der Entbindung ein Urlaub gewährt werden.[3]

Artikel 6 regelt die Gewährung von Geld- oder Sachleistungen während des Urlaubs. Diese müssen den Unterhalt der Frau und des Kindes in einwandfreien gesundheitlichen Verhältnissen und bei angemessener Lebenshaltung gewährleisten. Frauen, welche die Anspruchsvoraussetzungen für Geldleistungen nicht erfüllen, müssen Leistungen aus der staatlichen Sozialhilfe erhalten. Zudem haben Mutter und Kind Anspruch auf ärztliche Leistungen, einschließlich Betreuung vor, während und nach der Entbindung und erforderlichenfalls Krankenhauspflege. Die Kosten dieser Leistungen dürfen grundsätzlich nicht dem Arbeitgeber auferlegt werden. Artikel 7 führt eine Flexibilitätsklausel zu Gunsten von Ländern ein, deren Wirtschaft und System der sozialen Sicherheit unzureichend entwickelt sind.[3]

Artikel 8 des Übereinkommens ist auf einen genügenden Beschäftigungsschutz gerichtet. Danach darf das Arbeitsverhältnis einer Frau während ihrer Schwangerschaft, des Mutterschaftsurlaubs oder während des Urlaubs im Fall einer Krankheit oder von Komplikationen sowie während eines durch die innerstaatliche Gesetzgebung vorzuschreibenden Zeitraums nach ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht gekündigt werden. Ausnahmen können nur unter der Voraussetzung geltend gemacht werden, dass Gründe vorliegen, die mit der Schwangerschaft, der Geburt oder dem Stillen nicht zusammenhängen. Artikel 9 verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Mutterschaft keinen Grund für eine Diskriminierung in der Beschäftigung darstellt. Artikel 10 garantiert der Frau das Recht auf eine oder mehrere tägliche Pausen oder auf eine tägliche Verkürzung der Arbeitszeit zum Stillen ihres Kindes. Diese Stillpausen sind als Arbeitszeit anzurechnen und entsprechend zu bezahlen.[3]

Im November 2011 hatten 18 Staaten das Übereinkommen ratifiziert, darunter 12 Staaten der Europäischen Union: Bulgarien, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Ungarn und Zypern.[3] In der Schweiz stimmte der Nationalrat im September 2012 als erste der beiden Parlamentskammern der Ratifizierung zu.

Deutschland, Österreich und die Schweiz haben außerdem die UN-Frauenkonvention ratifiziert.

Europäisches Recht

Die Richtlinie 92/85/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz betrifft auch den Mutterschaftsurlaub und die Diskriminierung am Arbeitsplatz. Die Gesetzgebung zur Gleichbehandlung in Arbeits- und Beschäftigungsfragen schützt zusätzlich vor Diskriminierung aufgrund von Schwangerschaft.[4]

Artikel 2 (7) der revidierten europäischen Gleichbehandlungs-Richtlinie (Richtlinie 2002/73/EG)[5] vom 23. September 2002 bekräftigt den Schutz von Frauen im Mutterschutz:

„Frauen im Mutterschaftsurlaub haben nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs Anspruch darauf, an ihren früheren Arbeitsplatz oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz unter Bedingungen, die für sie nicht weniger günstig sind, zurückzukehren, und darauf, dass ihnen auch alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten, zugute kommen.“

Am 3. Oktober 2008 schlug die Europäische Kommission eine Änderung der Richtlinie 92/85/EWG vor, die unter anderem eine Verlängerung des Mutterschutzurlaubes von 14 auf 18 Wochen vorsah.[6] Einige Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, wehrten sich gegen eine Verlängerung des Mutterschutzurlaubes und warnten vor finanziellen Belastungen der Arbeitgeber und daraus resultierend vor Nachteilen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt.[7] Dessen ungeachtet sprach sich das Europäische Parlament am 20. Oktober 2010 sogar für eine Verlängerung auf 20 Wochen aus.[8]

Auch die EU-Grundrechtecharta gewährleistet in Artikel 33 Absatz 2 den Mutterschutz, und die Europäische Sozialcharta gewährleistet es in Artikel 8.[9]

Die Richtlinie 2010/41/EU zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben ersetzte die Richtlinie 86/613/EWG, „um insbesondere den Mutterschutz von selbständig erwerbstätigen Frauen zu verstärken und die Situation von Ehepartnern von selbständigen Erwerbstätigen zu verbessern.“Vorlage:": Ungültiger Wert: ref=

Deutschland

Mutterschutz in Anstellung, Studium und Ausbildung

In Deutschland ist der Mutterschutz für Arbeitnehmerinnen im Mutterschutzgesetz (MuSchG) festgelegt, das die Bedingungen für den Einsatz von schwangeren Frauen in einem Arbeitsverhältnis definiert. Für Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen gelten in Deutschland besondere, aber inhaltlich dem MuSchG vergleichbare Mutterschutzverordnungen.

Die „Mutterschafts-Richtlinien“ des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung[11] dienen dagegen der ärztlichen Schwangerenvorsorge aller gesetzlich krankenversicherten Frauen, unabhängig von einer Erwerbstätigkeit, zur frühzeitigen Erkennung von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten.

Das MuSchG wurde bis zu seiner Neufassung 2018 ergänzt durch die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV)[12] zur Umsetzung der europäischen Mutterschutzrichtlinie von 1992. Sie verpflichtet den Arbeitgeber, für „jede Tätigkeit, bei der werdende oder stillende Mütter durch die chemischen Gefahrstoffe, biologischen Arbeitsstoffe, physikalischen Schadfaktoren, die Verfahren oder Arbeitsbedingungen nach Anlage 1 dieser Verordnung gefährdet werden können, Art, Ausmaß und Dauer der Gefährdung (zu) beurteilen. Die Pflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz bleiben unberührt. Zweck der Beurteilung ist es, alle Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit sowie alle Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Stillzeit der betroffenen Arbeitnehmerinnen abzuschätzen und die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen zu bestimmen.“ Diese Schutzmaßnahmen gehen häufig über die des allgemeinen Arbeitsschutzes hinaus, weil die Gesundheitsrisiken sowohl für die Mutter als auch für das Ungeborene berücksichtigt werden müssen. Beschäftigungsverbote, irreführend als Mutterschaftsurlaub bezeichnet, sind möglich.

Vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bis auf wenige Ausnahmen unzulässig. Die Frist für den Beginn des Kündigungsschutzes berechnet sich nach dem ärztlich attestierten, voraussichtlichen Tag der Niederkunft abzüglich 280 Tage.

Eine Ausnahme kann zum Beispiel vorliegen bei Insolvenz, bei der teilweisen Stilllegung des Betriebes (ohne die Möglichkeit der Umsetzung der Schwangeren auf einen anderen Arbeitsplatz) oder in Kleinbetrieben, wenn der Betrieb ohne qualifizierte Ersatzkraft nicht fortgeführt werden kann. Auch eine besonders schwere Pflichtverletzung durch die Frau kann im Einzelfall ausnahmsweise zu einer Kündigung berechtigen. Der Arbeitgeber muss in diesen besonderen Fällen aber zuerst bei der zuständigen Behörde beantragen, dass die Kündigung für zulässig erklärt wird. Erst nach der Zustimmung der Behörde kann er rechtswirksam kündigen.

Eine früher erklärte Kündigung ist unwirksam, sofern die Mutter innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht einreicht. Ist diese Frist bereits verstrichen, wenn die Mutter von ihrer Schwangerschaft Kenntnis erhält, so kann sie einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage stellen, § 5 KSchG.

Nimmt die Mutter nach der Geburt des Kindes Elternzeit, so verlängert sich der Kündigungsschutz über die Frist des Mutterschutzgesetzes hinaus bis zum Ablauf der Elternzeit.

Der Mutterschutz beginnt sechs Wochen vor der Geburt bzw. vor dem errechneten Geburtstermin (EGT). Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht arbeiten, es sei denn, dass sie sich ausdrücklich dazu bereit erklären. Nach der Niederkunft dürfen die Wöchnerinnen bis zum Ablauf von acht Wochen nicht beschäftigt werden. Bei Früh- und Mehrlingsgeburten oder einem behinderten Kind wird diese Zeit auf zwölf Wochen ausgedehnt. Insgesamt betragen die Mutterschutzfristen (vor und nach der Geburt) zusammen mindestens 14 Wochen. Tage, die bei vorzeitiger Entbindung verloren gehen, werden an die acht- bzw. zwölfwöchige Schutzfrist nach der Geburt „angehängt“.

Zudem wird in dem Gesetz das Verbot von Mehrarbeit (mehr als 8,5 Stunden pro Tag), Nacht- und Sonntagsarbeit festgelegt (§§ 4 bis 6 MuSchG).

Die nach dem Mutterschutzgesetz zu zahlenden Entgeltersatzleistungen wie insbesondere das Mutterschaftsgeld werden seit 2006 durch die Umlage U2 finanziert, ein verpflichtendes Ausgleichsverfahren für alle Arbeitgeber. Hierbei erstattet die Krankenkasse dem Arbeitgeber die zu zahlenden Bezüge.

Absicherung in der Schwangerschaft und Erziehungszeit in Deutschland
Vereinfachte Darstellung
Zeitraum/ -punkt Vor der Schwanger- schaft Beginn der Schwanger- schaft Mitteilung an den Arbeit- geber restliche Zeit der Schwanger- schaft 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin Tag der Geburt 8 Wochen nach der Geburt bis 4 Monate
nach der Geburt
bis 12 Monate
nach der Geburt
max. bis zur Vollendung des 3. Lebensjahrs (teilw. bis zur Vollendung des 8. Lebensjahrs) Wieder- einstieg in die Arbeit Kinder- erziehung Nach der Kinder- erziehung
Arbeitsentgelt und andere finanzielle Leistungen: Nettogehalt x € / Monat
§ 611 BGB
Mutterschaftsgeld: 13 € / Tag
§§ 19-20 MuSchG
Nettogehalt x € / Monat
§ 611 BGB
Anspruch auf Entgeltfortzahlung, § 18 MuSchG Nettogehalt x € / Monat abzgl. Mutterschaftsgeld
§§ 19-20 MuSchG
Elterngeld
minimal 300 €, max. 1800 €
§§ 1–6 BEEG
Kindergeld 250 € / Monat, bzw. Kinderfreibetrag, §§ 31–32, 62–78 EStG
Recht auf unbezahlte Freistellung: Elternzeit, §§ 15–16 BEEG
Recht auf Teilzeitarbeit: § 8 TzBfG §§ 15–16 BEEG § 8 TzBfG
Besonderer Arbeitsschutz: Mutterschutz, MuSchArbV (EG-Mutterschutz-Richtlinie)
Beschäftigungsverbot: ggf. Beschäftigungsverbot gemäß §§ 3 bis 6 MuSchG Mutterschutz, §§ 3 bis 6 MuSchG
optional gesetzlich vorgeschrieben
(12 statt 8 Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten oder ärztlich festgestellter Behinderung)
Kündigungsschutz: § 17 MuSchG (der Kündigungsschutz besteht auch nach einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche für 4 Monate fort)
§§ 18–19 BEEG

Mutterschutz und Selbstständigkeit

Ob selbstständige Schwangere einen Anspruch auf Mutterschutz haben, ist von verschiedenen Faktoren und Fristen abhängig, wie der gesetzlichen Krankenversicherung mit Anrecht auf Krankengeld, einer Krankentagegeldversicherung oder der Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse. Die EU-Richtlinie 2010/41/EU zur Gleichstellung selbstständiger Männer und Frauen wird in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzt.[13][14][15] Eine erfolgreiche Petition für „Mutterschutz für alle“[16] konnte 2022 Anstoß zu einer Debatte geben.[17][18][19][20] Ministerin Lisa Paus hat Ende 2022 eine Reform angekündigt.[21]

Österreich

Auch in Österreich wurde mit Beginn der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Schutz von Arbeiterinnen sowohl in der Arbeiterklasse als auch in der bürgerlichen Frauenbewegung Gegenstand unterschiedlicher politischer Forderungen.[22]

In Österreich ist als Rechtsgrundlage das Mutterschutzgesetz 1979[23] maßgeblich. Das MSchG regelt den besonderen Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen vor schädlichen Beschäftigungen, das individuelle und das generelle Beschäftigungsverbot, den besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz sowie den Anspruch auf Karenz (Elternurlaub) bis zum 2. Geburtstag des Kindes und auf Elternteilzeit bis zum 7. Geburtstag und den damit verbundenen abgestuften Kündigungs- und Entlassungsschutz. Die Regeln wurden 2011/2012 verschärft.[24][25]

Informationspflicht, besonderer Kündigungsschutz

Der Dienstgeber soll von der Schwangerschaft informiert werden, da mit seiner Kenntnis der besondere Kündigungsschutz für Schwangere (§ 4 MSchG) wirksam wird; dies ist jedoch nach der herrschenden Lehre eine bloße Obliegenheit der Schwangeren, deren Außerachtlassen lediglich bewirkt, dass der besondere Kündigungsschutz (noch) nicht wirksam wird und dass der Arbeitgeber (noch) nicht auf den besonderen Arbeitnehmerschutz verpflichtet werden kann. Die Information von der Schwangerschaft kann sogar im Falle einer Kündigung bis zu fünf Arbeitstage nachträglich erfolgen, womit eine bereits ausgesprochene Kündigung unwirksam wird (§ 10 MSchG). Werdende Mütter unterliegen dem besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz: während der Schwangerschaft und bis 4 Monate nach der Geburt bedürfen Dienstgeberkündigungen sowie Entlassungen aus wichtigen Gründen zur Rechtswirksamkeit der ausdrücklichen Zustimmung des zuständigen Arbeits- und Sozialgerichts. Das Gericht hat bei seiner Zustimmung zu einer Entlassung aus wichtigem Grund den besonderen Gemütszustand der Schwangeren zu beachten (§ 12 Abs. 3 MSchG). Nimmt die Mutter nach der Geburt des Kindes Karenz (Elternurlaub) oder Elternteilzeit in Anspruch, wirkt der Kündigungs- und Entlassungschutz weiter bis zum Ablauf von vier Wochen nach deren Ende. Allerdings tritt ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes eine Lockerung in der Hinsicht ein, dass der Arbeitgeber betriebliche Erfordernisse als Kündigungsgrund heranziehen kann (§ 10 Abs. 4 MSchG).

Besonderer Arbeitnehmerinnenschutz für Schwangere

Jeder Arbeitgeber hat laut ASchG eine Evaluierung nach dem Mutterschutzgesetz zu erstellen, in der der jeweilige Arbeitsplatz auf mögliche Gefahren für die Schwangere und/oder deren Leibesfrucht zu beurteilen ist (§ 2a MSchG). Die Evaluierung hat besonders jene Arbeitsplätze auszuweisen, an denen Arbeiten zu verrichten sind, mit denen Schwangere keinesfalls befasst werden dürfen (§ 4 MSchG – dies betrifft z. B. Arbeiten mit gesteigertem Arbeitstempo, Arbeiten unter Einwirkung von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Arbeiten auf Beförderungsmitteln). Schwangere sind sofort nach Bekanntgabe der Schwangerschaft an anderen, nicht gefährdenden Arbeitsplätzen einzusetzen. Die Versetzung darf nicht zu einer Schmälerung des Entgelts führen (§ 14 Abs. 3 MSchG). Für Schwangere gilt ein absolutes Verbot der Nachtarbeit von 20 Uhr bis 6 Uhr, von dem lediglich in bestimmten Fällen behördlich zu bewilligende Ausnahmen bis 22 Uhr in der Gastronomie und bis 23 Uhr in Kinos und Theatern (§ 6 MSchG) bestehen. Weitere Verbote gelten für Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 7 MSchG) und für die Leistung von Überstunden (§ 8 MSchG). Die Überwachungsbehörde für den besonderen Arbeitnehmerinnenschutz ist das Arbeitsinspektorat.

Beschäftigungsverbot

Für Schwangere gilt in den letzten acht Wochen vor der Entbindung das absolute Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs. 1 MSchG). Arbeitgeber, die Schwangere trotz des absoluten Beschäftigungsverbots weiter arbeiten lassen, riskieren eine Verwaltungsstrafe von bis zu € 3.630,- (§ 37 Abs. 1 MSchG). Der Beginn des absoluten Beschäftigungsverbots ist aufgrund einer ärztlichen Bestätigung über den voraussichtlichen Entbindungstermin zu berechnen (§ 3 Abs. 2 MSchG). Erfolgt die Entbindung früher oder später, verlängert oder verkürzt sich diese Frist entsprechend (§ 3 Abs. 2 MSchG). Nach der Entbindung gilt das absolute Beschäftigungsverbot für acht Wochen und verlängert sich bei Kaiserschnitt-, Früh- und Mehrlingsgeburten auf 12 Wochen nach der Entbindung; erfolgt die Entbindung vor dem errechneten Termin, verlängert sich diese Frist entsprechend, höchstens jedoch auf 16 Wochen (§ 5 Abs. 1 MSchG). Diese so genannte „Schutzfrist“ entspricht dem „Mutterschaftsurlaub“ der MutterschutzRL der EU. Wenn bestimmte medizinische Umstände vorliegen, die die Gesundheit der Mutter oder der Leibesfrucht bedrohen, und dies auch vom Amtsarzt oder vom medizinischen Dienst des Arbeitsinspektorats attestiert ist, kann bereits vor Beginn des absoluten Beschäftigungsverbots ein individuelles Beschäftigungsverbot eintreten (§ 3 Abs. 3 MSchG). Einen besonderen Anspruch auf Freistellung von der Beschäftigung haben schwangere Arbeitnehmerinnen in Gastronomiebetrieben, in denen sie der Einwirkung von Tabakrauch ausgesetzt sind (§ 13a Abs. 5 Tabakgesetz).

Entgelt während des Beschäftigungsverbots

Dienstnehmerinnen bekommen während des individuellen und des absoluten Beschäftigungsverbots vom zuständigen Sozialversicherungsträger das Wochengeld. Dieses entspricht dem durchschnittlichen Nettoverdienst der letzten 13 Wochen (§ 162 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz). Falls im Falle einer Erkrankung oder Kurzarbeit in dieser Zeit ein geringeres Entgelt bezahlt wurde, verlängert sich der Zeitraum von 13 Wochen um ebendiese Zeiten.

Schweiz

In einem Arbeitsverhältnis stehende Frauen erhalten seit dem 1. Juli 2005 nach der Erwerbsersatzordnung (EO) für die Dauer des Mutterschaftsurlaubs während 14 Wochen nach der Geburt eine Erwerbsausfallentschädigung. Insofern kennt die Schweiz keine allgemeine Mutterschaftsversicherung, denn die Mutterschaftsentschädigung schließt teilweise nichterwerbstätige Mütter aus. Im Arbeitsgesetz (ArG Art. 35a) wird festgehalten, dass Wöchnerinnen während 8 Wochen nach der Niederkunft nicht arbeiten dürfen. Den Schutz schwangerer oder stillender Frauen vor gefährlichen und beschwerlichen Arbeiten regelt ergänzend zum Arbeitsgesetz die Schweizer Mutterschutzverordnung.[26]

Finnland

In Finnland besteht Anspruch auf Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternschaftsgeld. Diese Bezüge werden über die Beiträge zur Krankenversicherung sowie durch staatliche Zuschüsse finanziert und durch örtliche Sozialversicherungsbüros verwaltet. Sie unterliegen der Steuerpflicht. Je nach Tarifvertrag bestehen zusätzlich Ansprüche auf Lohnfortzahlung gegen den Arbeitgeber für die Dauer des Mutterschaftsurlaubs (Stand: 2012).[27]

Frankreich

In Frankreich hat die Schwangere Anspruch auf Mutterschaftsurlaub, der in der Regel insgesamt 16 Wochen beträgt. Während der Schwangerschaft und in der Zeit danach, vor allem aber im Zeitraum der Entbindung, genießt sie außerdem umfassenden besonderen Kündigungsschutz.

Mutter- und Vaterschaftsgeld wird von der Sozialversicherung (sécurité sociale) bezahlt; die Finanzierung anderer Maßnahmen der Familienpolitik geschieht über die Familienkasse (caisse d’allocations familiales, CAF). Der Geltungsbereich des Mutterschutzes umfasst alle Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und selbst versichert sind.[28]

Schweden

In Schweden besteht eine Elternversicherung (föräldraförsäkring) für die Finanzierung von Schwangerschaftsgeld (havandeskapspenning), Elternschaftsgeld (föräldrapenning) für Mütter und Väter und zeitweiliges Elternschaftsgeld (tillfällig föräldrapenning).[29] Die Finanzierung geschieht über Sozialversicherungsbeiträge.[30] Mehrkindfamilien erhalten eine zusätzliche Unterstützung.

Slowenien

In der Republik Slowenien sichert die Elternschaftsversicherung den Elternurlaub (Mutterschaftsurlaub, Erziehungsurlaub, Vaterschaftsurlaub, Adoptivelternurlaub) und die entsprechenden Leistungen für die Eltern (Mutterschaftsgeld, Erziehungsgeld, Vaterschaftsgeld, Adoptivelterngeld) ab, und zwar unter anderem für Arbeitnehmer, Selbständige, Landwirte.[31]

Umgehen des Mutterschutzes

Durch Abhängigkeitsverhältnisse außerhalb des Arbeitsrechts wird zuweilen das Recht auf Mutterschutz umgangen. Dies betrifft insbesondere die Schwarzarbeit, aber auch Formen der neuen Selbständigkeit, Scheinselbstständigkeit sowie die Abgeltung der Forschungsleistung von Nachwuchswissenschaftlerinnen durch Stipendien.

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