Pädagogik

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Pädagogik (Wortbildung aus {{#invoke:Vorlage:lang|full |CODE=grc |SCRIPTING=Grek |SERVICE=altgriechisch |SUITABLE=variant prefix}})[1] und Erziehungswissenschaft sind Bezeichnungen für eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit theoretischen und praktischen Fragen der Bildung und Erziehung des Menschen auseinandersetzt.

Die Unterscheidung der Bezeichnungen Pädagogik und Erziehungswissenschaft ist vornehmlich historisch zu sehen. Nach heutigem Verständnis kommt der Disziplin die Doppelrolle zu, als Reflexionswissenschaft Bildungs- und Erziehungszusammenhänge zu erforschen, aber als Handlungswissenschaft auch Vorschläge zu machen, wie Bildungs- und Erziehungspraxis gestaltet und verbessert werden kann. Ihr Aufgabengebiet bleibt unscharf, da sie interdisziplinär mit zahlreichen Bezugswissenschaften kooperiert. Dazu gehören psychologische, soziologische, philosophische und kulturwissenschaftliche Theorien und Erkenntnisse.

Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft wird an Schulen auch als eigenständiges Fach unterrichtet, so in einigen deutschen Bundesländern an Gymnasien und Gesamtschulen als Fach des sozialwissenschaftlichen Bereichs der Gymnasialen Oberstufe und in anderer Form und Schwerpunktsetzung in der Erzieherausbildung.

Wortgeschichte

Das Wort Pädagogik entspricht dem altgriechischen {{#invoke:Vorlage:lang|flat}},[2] das auf {{#invoke:Vorlage:lang|flat}} und {{#invoke:Vorlage:lang|flat}} zurückgeht. Die Sophisten (Protagoras, Gorgias, Hippias von Elis) mit ihren Überlegungen zur {{#invoke:Vorlage:lang|flat}}[1] markierten den Beginn der abendländischen Pädagogik.[3] Aber im antiken Griechenland bezeichnete der Ausdruck {{#invoke:Vorlage:lang|flat}} zunächst einen Sklaven, der die Kinder aus dem Hause der Eltern in die Schule oder in das Gymnasion und wieder nach Hause begleitete, dann allgemein den Aufseher bzw. Erzieher der Knaben.[1]

Seine heute geläufige Bedeutung erlangte der Ausdruck Pädagogik erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die Disziplin sich aus der Philosophie und Theologie herausdifferenzierte und als eigenständige Fachwissenschaft emanzipierte.

Im Englischen wird Pädagogik/Erziehungswissenschaft(en) meist als Educational Science(s) oder kurz Education bezeichnet, französisch „sciences de l’éducation“, spanisch „ciencias de la educación“. Wer education ins Deutsche übersetzt, hat zu beachten, dass es meistens Ausbildung und Erziehung bedeutet. Eine Eigenart des Deutschen wird im Begriff Bildung sichtbar, für den es in anderen Sprachen keine Entsprechung gibt. Die Diskussion über Bildung und Bildungstheorie ist deswegen außerhalb des deutschsprachigen Raumes teilweise schwer zu vermitteln.

„Pädagogik“ findet im Englischen und den romanischen Sprachen nur scheinbar Verwendung. Die Wörter „pedagogy“ (englisch), „pédagogie“ (französisch), „pedagogía“ (spanisch) meinen eher eine Praxis und keine Wissenschaft. In anderen Sprachen gibt es jedoch einen Sprachgebrauch wie im Deutschen, z. B. niederländisch „pedagogiek“, polnisch „pedagogika“.[4]

Differenzierung der Begriffe Pädagogik und Erziehungswissenschaft

Die Unterscheidung der Begriffe Pädagogik und Erziehungswissenschaft lässt sich zunächst aus historischer Perspektive darstellen: Pädagogik stellt den traditionellen, klassischen Begriff dar, dessen Verwendung sich systematisch bis in die Antike zurückverfolgen lässt; Erziehungswissenschaft bzw. Erziehungswissenschaften ist demgegenüber eine neuere Bezeichnung, die in Deutschland speziell ab den 1960er Jahren verstärkt gebraucht wird, um den Wissenschaftscharakter der Disziplin zu betonen.[5]

Die Begriffe Pädagogik und Erziehungswissenschaft werden in der Fachwelt uneinheitlich verwendet. Je nach Einführungswerk werden die Begriffe entweder als synonym verstanden oder es wird versucht, eine Trennung der Begrifflichkeiten zu begründen.[6] Kontrovers diskutiert wird – vor allem im deutschsprachigen Raum – die Idee, der Begriff Erziehungswissenschaft habe den Begriff Pädagogik abgelöst. Der Streit um die Begrifflichkeiten kann nicht ohne Bezugnahme auf wissenschaftstheoretische Überlegungen verstanden werden, denn Autoren, die sich für eine Abgrenzung der Begriffe aussprechen, beziehen sich dabei meist auf „konkurrierende wissenschaftstheoretische Ansätze“. Bei der Abgrenzung der Begriffe soll damit eine spezifische Methode der Beschäftigung mit Erziehungs- und Bildungsfragen bezeichnet werden. Insofern lässt sich die Kontroverse um die beiden Begriffe auch als Streit um ein grundlegendes Selbstverständnis der Disziplin verstehen.[7]

Der Begriff Erziehungswissenschaft betont dabei eher den empirischen und damit aus Sicht des Positivismus einzig wissenschaftlichen Zugang zur Thematik. Erziehungswissenschaft ginge nach diesem Verständnis von der Erziehung als gegebener Tatsache aus, die sie mit empirischen Methoden beschreibt und erklärt. Der Zweck der Erziehungswissenschaft liege demnach „nicht in der Beeinflussung eines erzieherischen Handelns, sondern […] in der Erkenntnis der Gegebenheiten.“[8] Aufgrund ihrer ausschließlich empirischen Methode vermag es die Erziehungswissenschaft in diesem Verständnis nicht, gleichsam Aussagen über die Aufgaben der Erziehung zu treffen, da man logisch betrachtet nicht von einem deskriptiven Urteil auf ein normatives Urteil schließen kann (Humes Gesetz). Daraus resultiert für diese Interpretation der Disziplin das Problem der Frage nach der Vollständigkeit, da die Untersuchung der Erziehung nicht um die Frage vorbeikäme, wozu die Erziehung überhaupt stattfinde.[9] Die Beantwortung dieser sich aufdrängenden Sinnfragen lässt sich aber nicht aus der Empirie ableiten.

Die Hinwendung der Disziplin zu empirischen Methoden ist dabei als Folge des durch die Aufklärung und den Fortschritt der Naturwissenschaften entstandenen Drucks zur Verwissenschaftlichung der Einzeldisziplinen zu verstehen. Sie ist damit eng verwoben mit der Emanzipation der Disziplin von der praktischen Philosophie, als deren Teil sie seit der Antike aufgefasst wurde.[10] Die Hinwendung zu empirischen Methoden interpretiert Brezinka als Entwicklung von der Pädagogik zur Erziehungswissenschaft; für ihn bezeichnet dies eine Fortschrittsgeschichte. Wichtige historische Schritte einer so verstandenen Entwicklung sind beispielsweise Otto Willmann, der 1876 in seinen Prager Vorlesungen die These vertrat, Pädagogik müsse als Sozialwissenschaft – also als empirische Wissenschaft – angesehen werden, wodurch vor allem eine Abgrenzung zur Philosophie deutlich gemacht wurde. Nennenswert ist in dieser Hinsicht auch Emile Durkheim, der sich 1911 dafür aussprach, man müsse zwischen einer theoretischen Sozialwissenschaft der Erziehung, der Erziehungswissenschaft, und einer praktischen Theorie für Erzieher unterscheiden.[11] Seither wird in diesem Verständnis neben der Bezeichnung der Erziehungswissenschaft als „Sozialwissenschaft“ auch von einer „pädagogischen Realwissenschaft“ gesprochen.

Der Begriff Pädagogik wird in der Regel für jede Art der Beschäftigung mit Erziehungs- und Bildungsfragen verwendet. Er kann also als traditionell erwachsener Oberbegriff für die Disziplin angesehen werden.[12] Darunter fallen Werturteile über erstrebenswerte Ziele der Erziehung und daraus abgeleitete Normen für das erzieherische Handeln sowie Vorschläge über Organisationsformen von Erziehungseinrichtungen, aber auch beschreibende und erklärende Aussagen über die Erziehungswirklichkeit.[13]

Wird Pädagogik in Abgrenzung zur Erziehungswissenschaft – also im speziellen Sinne – verwendet, dann wird damit meist der geisteswissenschaftlich-hermeneutische Zugang zur Thematik betont. In diesem Sinne ist Pädagogik eine Disziplin, die sich aufgrund einer gemeinsamen Methodenpalette kaum von der praktischen Philosophie trennen lässt, und versucht, die Aufgabe erzieherischer Tätigkeit zu klären und normative Schlussfolgerungen für die Praxis herzuleiten. Dabei wird die vorwissenschaftliche pädagogische Praxis als Grundlage betrachtet, die durch methodisch-kritische Reflexion analysiert wird, um die jeweils bestehende Praxis wirkungs- und sinnvoll umzugestalten. Die Verwendung des Begriffs Pädagogik trägt somit zum einen der Ansicht Rechnung, dass Erziehung immer einen Doppelcharakter von Faktizität und Normativität (Erziehung als Tatsache und als Aufgabe) impliziert. Es kann eben nicht nur darum gehen, zu klären, was technische Mittel zur Erreichung gewisser Ziele in der erzieherischen Praxis sein können, sondern auch, welche Ziele diese überhaupt anstreben sollte. Hierbei wird meist auch die Ansicht vertreten, dass es gar keine unbelastete Erziehungswirklichkeit geben könne, die als Grundlage einer empirischen Erziehungswissenschaft fungieren könnte, da Erziehung nicht erschöpfend ohne Bezugnahme auf geschichtliche und gesellschaftliche Bedingungen und Wirkzusammenhänge ergründet werden könne.[14]

Der Versuch, Gründe für die Unterscheidung der Begriffe aufzuzeigen, kann nützlich sein, um das jeweilige Selbstverständnis der Disziplin, das in Beiträgen der Fachwelt ausgedrückt wird, besser zu verstehen. Insgesamt kann die Abgrenzung der beiden Begriffe auch dazu dienen, zu verdeutlichen, dass für die Disziplin unterschiedliche Aspekte konstituierend sind. Sie beinhaltet damit einen handlungsleitenden und einen beschreibenden Aspekt sowie einen geisteswissenschaftlichen als auch empirischen Zugang zu erziehungsrelevanten Fragen.

Geschichte

Der Schulmeister von Eßlingen (Codex Manesse, 14. Jh.)

Die Pädagogik legitimierte sich lange Zeit über die Ausbildung des Nachwuchses an Lehrern und Geistlichen und bezog ihre Kenntnisse und Theorien vor allem aus Nachbardisziplinen, wie der Philosophie oder Theologie, der Psychologie oder Soziologie. Ernst Christian Trapp war 1779 der erste Gelehrte, der in Deutschland als Professor der Pädagogik berufen wurde. Die traditionelle Bezeichnung Pädagogik findet sich in Anklang an die in weiten Teilen nicht mehr fortgesetzte Geisteswissenschaftliche Pädagogik bis zum Ende der 1950er-Jahre. In den 1960er- und 1970er-Jahren setzte eine intensive Debatte über den wissenschaftstheoretischen Standort und die wissenschaftspolitische Verortung der Pädagogik ein. In der Diskussion standen insbesondere die bisher vorherrschende Geisteswissenschaftliche Pädagogik und die mit ihr verbundenen Forschungsmethoden (Hermeneutik, Phänomenologie, Dialektik). Um die Hinwendung zu empirischen Forschungsmethoden kenntlich zu machen, hat sich in den 1960er-Jahren alternativ der Begriff Erziehungswissenschaft durchgesetzt, seltener wird auch der Begriff Bildungswissenschaft bevorzugt. Die Pädagogische Anthropologie berücksichtigt hierbei, dass der Mensch als ein mit Freiheit grundsätzlich begabtes Wesen zu betrachten ist, das sich nicht durch geschickte Lehr- und Erziehungstechniken „herstellen“ lässt, sondern von Seiten der Lehrenden/Erziehenden lediglich angeregt und angeleitet werden kann, sich selbst zu bilden, wie es heute vor allem der Konstruktivismus lehrt.

Seit 1908 (Zulassung von Mädchen zum Abitur in Preußen) wird Pädagogik/Erziehungswissenschaft auch an weiterführenden Schulen, zunächst am Lyceum, dann als Fach des Bereichs „Frauenschaffen“ (Erziehung im Nationalsozialismus) und heute als allgemeinbildendes Schulfach „Erziehungswissenschaft“ in der Oberstufe/Sek II des Gymnasiums in einigen Bundesländern (Bremen, Niedersachsen, NRW, Hamburg, Brandenburg) unterrichtet. In fast allen Bundesländern wird Pädagogik auch an Beruflichen Gymnasien, welche den Schwerpunkt Sozialpädagogik anbieten, als Profilfach (Pädagogik/Psychologie) erteilt. Schulischer Pädagogikunterricht hat also eine über hundertjährige Tradition.

Ziele und Aufgaben der Pädagogik

Es besteht innerhalb der Disziplin kein Konsens über die Ziele und Aufgaben der Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft. Weit verbreitet ist z. B. die Ansicht, Aufgabe der Erziehungswissenschaft sei die wissenschaftliche Beobachtung und Analyse der pädagogischen Wirklichkeit. Dabei werden teils naturwissenschaftlich-empirische Methoden (Messungen, wiederholbare Experimente), teils hermeneutische Methoden (Geisteswissenschaftliche Pädagogik) eingesetzt.

Eine weitere, häufig vertretene Position ist, dass Pädagogik (als Handlungswissenschaft) der pädagogischen Praxis Wissen und Normen zur Verfügung stellen solle, damit diese Mündigkeit und Selbstbestimmung fördern könne (Kritische Erziehungswissenschaft). Damit soll, so der Anspruch, die Erziehungswissenschaft selbst zu einem Faktor, der die pädagogische Wirklichkeit mit formt, werden.[15] Jedoch muss man dazu sagen, dass schon Immanuel Kant die unvermeidlichen Schwierigkeiten einer solchen angestrebten Formung der pädagogischen Wirklichkeit hervorgehoben hat:

„Eines der größten Probleme der Erziehung ist, wie man die Unterwerfung unter den gesetzlichen Zwang mit der Fähigkeit, sich seiner Freiheit zu bedienen, vereinigen könne. Denn Zwang ist nötig! Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?“

Immanuel Kant: Über Pädagogik[16]

Damit hat Kant eine grundsätzliche Thematik des modernen Pädagogischen auf den Punkt gebracht. Danach stellt sich aber gleichzeitig die Frage, wo genau Freiheit, Mündigkeit und Selbstbestimmung der zu-Erziehenden denn eigentlich herkommen sollen, wenn die Pädagogik für die Praxis bzw. der handelnde Pädagoge für die zu-Erziehenden von außen das Wissen definiert bzw. für diese zu-Erziehenden Regeln und Normen bestimmt. In seiner Schrift Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? bestimmte Kant die Unmündigkeit des Menschen (nicht: des Erwachsenen im Gegensatz zum Kind) als

„das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. […] Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“

Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?[17]

Eine selbstbestimmte, mündige und damit aufgeklärte Haltung in Abgrenzung zur Unmündigkeit als Fremdbestimmung durch Andere bedeutet damit nach Kant aber gerade das Heraustreten, den „Ausgang“ aus einem Zustand der Fremdbestimmung durch Normen, Ordnungen usw. Eine aufgeklärte Pädagogik im Sinne Kants ließe sich damit zum Beispiel als Kritik der zu-Erziehenden am pädagogischen Eingriff, der Individuen an pädagogisch bereitgestelltem Wissen, Ordnungen und Normen, vorstellen. Insofern stünde eine als Handlungswissenschaft auftretende Pädagogik, die definiert, wie Erziehung „richtig geht“, damit aber pädagogische Normen bestimmt, der kantischen Tradition von Mündigkeit, Aufklärung und Selbstbestimmung geradezu entgegen.[18]

Ein Beispiel dafür, wie die Legitimität dieser und jedweder pädagogischer Praxis bestritten werden kann, ist die sogenannte Antipädagogik. In Zeiten, in denen empirische Untersuchungen wie PISA wissenschaftliche und öffentliche Diskussionen sowie politische Entscheidungen dominieren, scheinen derartige Diskurse heute allerdings keinen Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit zu haben.

Nach Dieter Lenzen ist Pädagogik die Lehre, Theorie und die Wissenschaft von der Erziehung und Bildung nicht nur der Kinder, sondern – seit dem Vordringen der Pädagogik in viele Bereiche der Gesellschaft – auch der Erwachsenen (siehe Andragogik) in unterschiedlichen pädagogischen Feldern wie Familie, Schule, Freizeit und Beruf.[19]

Ein spezielles Problem stellt die notwendige Professionalität in pädagogischen Berufen dar[20], zu der Hermann Giesecke eine eigene Theorie vorgelegt hat, nach der pädagogisches Handeln in diesem Sinn grundsätzlich kognitiv orientiert sei und immer wieder reflektiert werden müsse. Ulrich Oevermann sieht in der Professionalisierung ein berufssoziologisches Problem. Konträr dazu stehen Auffassungen, die eine stärkere, auch affektive Identität von Leben, Lehren und Lernen anstreben, die etwa in der Demokratiebildung durch Volker Reinhardt vertreten werden.[21]

Subdisziplinen und Fachrichtungen

In der Entstehungsgeschichte der Pädagogik, in Deutschland insbesondere auch im Rahmen der Einführung und Etablierung von pädagogischen Hauptfachstudiengängen (z. B. Diplom und Magister) an Universitäten in den 1960er- und 1970er-Jahren, hat sich die wissenschaftliche Pädagogik stark ausdifferenziert. Dem entspricht ein immer breiter ausdifferenziertes Berufsfeld für Berufe mit erziehungswissenschaftlicher Ausbildung.[22] Die damit verbundene Entstehung von Sub- bzw. Teildisziplinen, Anwendungsfächern und Fachrichtungen spiegelt sich insbesondere in der Struktur der erziehungswissenschaftlichen Fachverbände und den pädagogischen Fakultäten, Fachbereichen und Instituten an den Universitäten und statusmäßig gleichgestellten Hochschulen wider, ist jedoch keinesfalls unumstritten und befindet sich in einem stetigen Wandel. Darüber hinaus ist diese Liste lediglich eine Aufzählung der wichtigsten Disziplinen und Fachrichtungen und keinesfalls abschließend. Die Erziehungswissenschaft gliedert sich inzwischen in mindestens 25 Subdisziplinen und Fachrichtungen und stellt heute in Deutschland das zweitgrößte Universitätsfach dar.[23]

Aufgrund dieses Pluralismus ist es schwierig, eine verbindliche Struktur der Disziplin der Pädagogik zu zeichnen. Herbert Gudjons sagt in seiner Einführung in die Pädagogik, dass man deshalb nicht von „der“ Gliederung „der“ Erziehungswissenschaften sprechen kann.[24] Eine Möglichkeit, die Pädagogik zu strukturieren, ist eine Aufteilung in drei Ebenen:[25]

  • Ebene 1: Subdisziplinen oder Teilbereiche, die sich bereits etabliert haben
  • Ebene 2: Fachrichtungen, die Spezialisierungen der Pädagogik darstellen, aber sich noch nicht als größere Subdisziplin herausgebildet haben
  • Ebene 3: Praxisfelder, die Teil der erziehungswissenschaftlichen Diskussion und Forschung sind

Neben diesen drei Ebenen gibt es noch interdisziplinär arbeitende Bereiche, wie etwa die pädagogische Psychologie, und Nachbardisziplinen der Pädagogik, wie etwa die Soziologie.

Wesentliche Subdisziplinen der Pädagogik

Die Pädagogik als anwendungsorientierte Lehre vom Erziehen und Bilden hat eine Vielzahl von Subdisziplinen, die z. B. an Universitäten als Lehrstühle explizit ausgewiesen sind und studiert werden können. Auch wenn aufgrund der Pluralität in der Pädagogik ein verbindlicher Kanon sich nicht durchgesetzt hat, so werden in Einführungen und Überblicken in der Regel die folgenden Teilbereiche als wichtige Subdisziplinen der Pädagogik genannt:[26][27]

  • Allgemeine Pädagogik: Die „Königsdisziplin“ befasst sich mit der theoretischen Grundlegung des Faches. Sie behandelt die grundlegenden Fragestellungen, wichtige pädagogische Grundbegriffe und Forschungsmethoden sowie Querschnittsthemen, die für alle Subdisziplinen relevant sind.[28] Zu den Themen der allgemeinen Pädagogik zählen auch die Anthropologie und die Philosophie der Erziehung.[27]
  • Sozialpädagogik: Gegenstand der Sozialpädagogik ist Erziehung, Bildung im Zusammenhang mit sozialstaatlicher Intervention; Themen sind z. B. Beratung, Jugendarbeit, Einzelfallhilfe, Gruppen- und Gemeinwesenarbeit.[27]
  • Berufs- und Wirtschaftspädagogik: Diese Subdisziplinen konzentrieren sich auf Fragen der Berufserziehung in beruflichen und vorberuflichen Bildungsgängen sowie in der Weiterbildung.[29]
  • Historische Pädagogik: Die Historische Pädagogik befasst sich mit der Geschichte der Pädagogik sowie der Geschichte von Erziehung und Bildung.[27]
  • Vergleichende Pädagogik oder Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungswissenschaft: In dieser Subdisziplin werden Erziehung in Bildung in verschiedenen Ländern vergleichend erforscht. Forscher untersuchen ferner Bildungsinstitutionen weltweit und deren regionale Eigenheiten, die Rolle von Bildung für eine nachhaltige Entwicklung von Regionen und Gesellschaften und Bildung und Erziehung unter der Bedingung von Migration.[30]
  • Schulpädagogik: Die Schulpädagogik befasst sich mit der Erforschung der Theorie und Praxis von Schulleben und Unterricht.
  • Erwachsenen- und Weiterbildung: Diese Subdisziplin dient der Erforschung der allgemeinen kulturellen und politischen Erwachsenenbildung bis hin zu beruflicher oder betrieblicher Weiterbildung.[31]
  • Sonderpädagogik: Die Sonderpädagogik beschäftigt sich mit der schulischen und außerschulischen Erziehung und Förderung von Menschen mit Behinderung; Themen sind z. B. die Blindenpädagogik oder Rehabilitation.[27]
  • Vorschulpädagogik: Diese Subdisziplin der Pädagogik konzentriert sich auf die Altersgruppe der Vorschulkinder und adressiert Fragen der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen wie Kindergarten oder Vorschule.[32] Man findet Fragen der Vorschulpädagogik auch unter den Stichworten Frühpädagogik oder Kleinkindpädagogik.[27]

Die (Allgemeine) Didaktik befasst sich im Unterschied zu Fachdidaktiken mit der Theorie des Unterrichts allgemein, in allen Fächern und Bereichen. Die Didaktik wird als Subdisziplin nicht immer separat aufgeführt, sondern z. B. als Teil der Schulpädagogik oder Unterrichtswissenschaft. Fachdidaktiken im Sinne spezieller Unterrichtstheorien und -methodiken werden in der Regel nicht als Teil der Pädagogik, sondern als Teil der Fachwissenschaften gesehen, also z. B. eine Didaktik des Deutschunterrichts oder eine Mathematikdidaktik.[33]

Fachrichtungen und Praxisfelder der Pädagogik

Neben den Subdisziplinen umfasst die Pädagogik eine Vielzahl von weiteren Fachrichtungen, die noch nicht den Status einer etablierten Subdisziplin erreicht haben, aber als Spezialisierung in der Pädagogik eine Rolle in Forschung und Lehre spielen. Zu solchen Fachrichtungen zählen unter anderem die Betriebspädagogik, Freizeitpädagogik, Kulturpädagogik, Theaterpädagogik, Medienpädagogik, Museumspädagogik, Spielpädagogik, Verkehrspädagogik, Umweltpädagogik, Friedenspädagogik und Sexualpädagogik.[27] Die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaften führt ferner als eine wichtige Sektion in ihrer Gesellschaft die erziehungswissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung auf. Diese befasst sich übergreifend mit Schul- und Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung, Berufs- und Wirtschaftspädagogik und weiteren grundlegenden pädagogischen Fragestellungen mit der Frage, ob und in welcher Weise das gesellschaftliche Geschlechterverhältnis darin wirksam ist.[34] Bei der Bedeutung dieser Fachrichtungen spielen auch aktuelle gesellschaftliche Diskussionen über erkannte Erziehungsdefizite und Reformimpulse eine Rolle (Frauenbewegung, Umweltbewegung, Neue Medien).

Schließlich gibt es in der Pädagogik noch die Ebene der Praxisfelder wie die Gesundheitserziehung, Verkehrserziehung oder Umwelterziehung, die zwar Teil der pädagogischen Forschung sind, jedoch nur manchmal, aber nicht immer eine Subdisziplin oder Fachrichtung hervorgebracht haben.[33]

Interdisziplinäre Ansätze

Die fachübergreifenden bzw. interdisziplinär angelegten pädagogischen Sub- und Teildisziplinen bearbeiten pädagogische Fragestellungen mit Hilfe der Methoden von anderen Fachwissenschaften. Die aufgelisteten fachübergreifenden Disziplinen sind dadurch keiner der jeweils beteiligten Wissenschaftsdisziplinen fest zugeordnet, vielmehr sind die Lehrstühle bzw. Abteilungen unsystematisch und meist historisch bedingt mal den pädagogischen Instituten und Fachbereichen, mal den Einrichtungen der jeweiligen Nachbardisziplin zugeordnet.

Nachbardisziplinen

In der Geschichte der Erziehungswissenschaft hat sich die pädagogische Diskussion immer auch auf Erkenntnisse und Wissen vieler anderer Wissenschaftsdisziplinen bezogen, die in diesem Sinne als Hilfswissenschaften einbezogen werden. Da sich die Pädagogik aus der praktischen Philosophie heraus entwickelte (Siehe auch: Geschichte der Pädagogik), bleibt die Philosophie bis heute eine der wichtigsten Nachbardisziplinen. Weitere Beispiele für bedeutsame Nachbardisziplinen sind:

Wissenschaftstheoretische Einordnung