Steuer

aus WikiDoku

Als Steuer wird eine Geldleistung ohne Anspruch auf Gegenleistung bezeichnet, die ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt, die einen steuerpflichtigen Tatbestand verwirklichen. Die Gruppe der Steuerpflichtigen umfasst sowohl natürliche als auch juristische Personen. Die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein. Gebühren und Beiträge werden hingegen aufgabenbezogen und zweckgebunden verwendet.

Aus den ursprünglich als Naturalabgaben in Form von Sach- oder Dienstleistungen (Frondiensten) erhobenen Steuern sind heute reine Geld­leistungen geworden.

Steuern (als Teil eines Steuersystems) sind in der Regel die Haupteinnahmequelle eines modernen Staates und das wichtigste Instrument zur Finanzierung seines territorial abgegrenzten Staatswesens und anderer (supranationaler) Aufgaben. Durch die finanziellen Auswirkungen auf alle Bürger und die komplexe Steuergesetz­gebung sind Steuern und andere Abgaben ein fortdauernder politischer und gesellschaftlicher Streit­punkt.

Laut einer von den Vereinten Nationen veröffentlichten Studie gehört Deutschland zu den Ländern mit der höchsten Bereitschaft, durch Steuern öffentliche Güter zu finanzieren.[1]

Steuern als Abgaben

Das Hauptunterscheidungsmerkmal zu anderen öffentlichen Abgaben liegt darin, dass die Zahlung von Steuern grundsätzlich keinen Anspruch auf Gegenleistung begründet. Während also der Beitrag für die bloße Möglichkeit, eine Leistung in Anspruch zu nehmen, und eine Gebühr oder Maut für die tatsächliche Leistungsinanspruchnahme erhoben wird, gilt bei der Steuer das Nonaffektationsprinzip. Demnach „erkauft“ man sich mit Steuern keinen Anspruch auf eine konkrete staatliche Gegenleistung. Die Energiesteuer beispielsweise ist keine Gebühr für die Straßenbenutzung und die Hundesteuer ist keine Gebühr für die Beseitigung des Hundekots.

Die Staatsausgaben werden grundsätzlich durch die Summe aller Steuereinnahmen finanziert. Es ist also grundsätzlich nicht so, dass eine bestimmte Steuer nur für die Finanzierung einer bestimmten Staatsaufgabe verwendet werden darf. In Deutschland ist eine gesetzliche Festschreibung des Verwendungszwecks nur in Ausnahmen zulässig (siehe Verwendungszwecksteuer). Die Verwendung der Energiesteuereinnahmen darf z. B. nicht ohne Weiteres auf Verkehrs- oder Energieprojekte oder auf den Verkehrshaushalt beschränkt werden.

Aus der Definition der Steuer als Abgabe, die dem Steuerpflichtigen „auferlegt“ wird, lassen sich zwei weitere Merkmale ableiten:

Etymologie

Zum Ursprung des Begriffs „Steuer“ gibt es verschiedene Theorien:

Ein Zusammenhang lässt sich mit dem germanischen Wort sceutan („schießen“) vermuten, welches seinerseits Grundlage des zum Ende des Hochmittelalters im Städterecht verwendeten nieder- und mitteldeutschen Begriffs des Schosses, eine Art Vermögensteuer, bildete.[2]

Einer anderen Theorie nach kann sich der Begriff aus dem Althochdeutschen stiura[3] ableiten, wobei dieser hier der Bedeutung Stütze und, im Sinne von Unterstützung, Hilfe oder auch Beihilfe nahekommt.

Historische Entwicklung

Zur geschichtlichen Entwicklung des Steuer-Wesens von der Antike bis zur Neuzeit informiert das Steuermuseum im deutschen Brühl (Rheinland), das heißt die „Finanzgeschichtliche Sammlung der Bundesfinanzakademie“.[4]

Antike

Steuern gibt es schon seit dem frühen Altertum und sie wurden unter den verschiedensten Bezeichnungen geführt, z. B. Tribut, Zoll oder Zehnt. Obwohl ihre Berechtigung traditionell darin gesehen wird, dass gemeinschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden müssen, zeugen einige Begründungen für die Einführung von neuen Steuern von bemerkenswerter staatlicher Kreativität.

Die ersten Belege über staatliche Abgaben gibt es im 3. Jahrtausend v. Chr. aus Ägypten. Schreiber verwalteten die Erntesteuer und erhoben einen Nilzoll. Auch aus den städtischen Hochkulturen in Mesopotamien ist die Steuererhebung geschichtlich verbürgt. Hier führte die Tempelverwaltung Buch und versteuerte die Viehhaltung und den Fischfang.

Assyrien und Persien

Sowohl das assyrische als auch das persische Reich konnten während ihrer Blütezeiten auf eine Besteuerung der eigenen Bürger verzichten. Der Finanzbedarf wurde durch Tribute gedeckt, die den in Kriegen besiegten und unterworfenen Völkern auferlegt wurden.

Athen

Die Polis Athen, die „Wiege der Demokratie“, finanzierte das Staatswesen über indirekte Steuern (u. a. Zölle), die Arbeits- und Dienstleistungen der Athener Bürger und die umfassende Besteuerung aller Nicht-Athener. Der Parthenon auf der Akropolis diente zeitweise als Schatzkammer zur Verwahrung der Steuereinnahmen.

Rom

Die Finanzverwaltung der römischen Königszeit (etwa 6. Jahrhundert v. Chr.) war ähnlich, denn die Staatsaufgaben wurden meist durch die Bürger selbst erledigt und nur in außergewöhnlichen Situationen (meist aus Anlass eines Krieges) wurde eine Abgabe vom Vermögen (Tributum) fällig. Für die Veranlagung, den Census, wurden zwei hohe Beamte (censores) gewählt, die die Steuererklärungen (professiones)[5] der Bürger überprüften und die Steuern eintrieben.

Während der Zeit der römischen Republik expandierte das Reich ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. enorm und immer mehr Provinzen und tributpflichtige Reiche trugen zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfs bei, so dass im Jahre 167 v. Chr. die römischen Bürger von den direkten Steuern befreit wurden.

In den Provinzen wurden die direkten Steuern (Grund- und Kopfsteuer) durch Prokuratoren verwaltet, doch der Einfachheit halber war die Erhebung der indirekten Steuern (Zölle, Wege- und Nutzungsgelder) verpachtet und das System der Steuerpächter (publicani) führte zu Misswirtschaft und Ungerechtigkeiten. Erst Kaiser Augustus legte die gesamte Steuererhebung wieder in die Hände von staatlichen Beamten (Quästoren). Berühmt wurde dabei ein Fehlgriff: Der von Caesar in seine Heimat entlassene gallische Sklave Licinius wurde von Augustus als Verwalter in Lugdunum (heutiges Lyon) eingesetzt, wo Licinius dann das Jahr um zwei Monate erweiterte.[6] Diese Konstruktion brachte ihm in Lugdunum zwei weitere Monatssteuern im Jahr ein, bis Augustus – nach Beschwerden aus Gallien – diese Art der Steuererhebung nach etwa zwei Jahren abstellte.[7][8]

Palästina

In Palästina, das seit 63 v. Chr. dem römischen Reich abgabepflichtig war, wurde zur Zeit von Jesu Geburt eine Steuerschätzung (census) mit Aufzeichnung der Bevölkerung und ihres Vermögens (Volkszählung) durchgeführt. Neben den römischen Steuern wurden noch erhebliche religiöse Abgaben fällig: der Zehnte, der eine Zwangsabgabe seitens der Priester und Leviten darstellte, sowie die Tempelsteuer zur Deckung der Kosten des öffentlichen Kultus.

Germanien

Den Germanen, die in vorrömischer Zeit statt einer Besteuerung nur die freiwilligen Ehrenabgabe an den Fürsten kannten, soll der Versuch der Steuererhebung durch die Römer den Anlass zur Schlacht im Teutoburger Wald gegeben haben. Westlich des Rheins hingegen setzte sich die römische Finanzverwaltung durch und wurde von dem in Augusta Treverorum (Trier) ansässigen Provinzialprokurator geleitet.

Pecunia non olet

Mit dem Niedergang des römischen Reiches wurden, bei steigenden Staatsausgaben, die Steuereinnahmen geringer und der Staatsschatz (aerarium), der bisher im Saturntempel verwahrt und vom Senat überwacht wurde, zugunsten des kaiserlichen Sondervermögens (Fiscus) aufgelöst. Genötigt, nicht nur die Kosten des römischen Etats zu decken, sondern auch eine möglichst große Steigerung des Privatvermögens zu erwirtschaften, zeigen sich die ersten – geschichtlich verbürgten – Kuriositäten in der Steuergesetzgebung: „Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht) – dieser wohlbekannte Ausdruck wurde von Kaiser Vespasian verwendet, um eine Steuer (vectigal urinae) auf öffentliche Bedürfnisanstalten, Urinale oder die Nutzung des Urins, zum Beispiel in der Gerberei, zu rechtfertigen.[9]

Die Frage, die den Kaiser zu der bekannten Rechtfertigung veranlasst haben soll, lässt sich auch als Beschwerde über zunehmenden Uringeruch in Rom deuten. Unter der Annahme, dass die Steuer an der Zahl der Entleerungen bemessen wurde, könnte einer spekulativen Überlegung zufolge eine seltenere Entleerung der Urinkübel zu dem Gestank geführt haben – dies wäre ein frühes Beispiel von Steuerausweichung.[10]

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Als Einnahmequelle für Könige und Fürsten spielte die Steuer im Frühmittelalter nur eine untergeordnete Rolle. Zum einen war keiner der fränkischen Fürsten machtpolitisch in der Lage, eine allgemeine Besteuerung der Bevölkerung durchzusetzen. Auf der anderen Seite fehlten die notwendigen verwaltungstechnischen Mittel zur Anwendung einer Steuer, denn die Aufzeichnungen über Bürger und Besitzverhältnisse waren veraltet oder schlichtweg nicht vorhanden.

Die Ausgaben wurden vielmehr durch „privatwirtschaftliche“ Einnahmen aus dem Verkauf von Rechten (Markt- und Stadtrechte), aus Monopolen (Woll- und Gewürzmonopol) und aus den Domänen, d. h. hauptsächlich aus den land- und forstwirtschaftlichen Staatsbetrieben und den Regalien, wie etwa dem Jagd-, Fischerei- und Salzrecht, bestritten.

Anders stellte sich die Situation jedoch für die Kirche und ihre Institutionen und Personen dar: Bis in das 19. Jahrhundert wurde in der Form des Zehnten eine Kirchensteuer erhoben. Diese Abgabe konnte nicht nur aus den christlichen Traditionen hergeleitet werden, sondern von den kirchlichen Institutionen vor Ort relativ einfach überwacht und beigetrieben werden.

Zwei Steuereintreiber, ein Werk von Marinus van Reymerswaele, 1540er-Jahre, Nationalmuseum in Warschau

Im Laufe der Zeit benötigten auch die weltlichen Herrscher höhere Einnahmen, beispielsweise zur Finanzierung eines Krieges oder des Aufbaus eines staatlichen Gemeinwesens.

In der Theorie wurde im Mittelalter das Recht des Herrschers, Steuern zu erheben, von Thomas von Aquin (1225–1274) legitimiert. Die prinzipielle Finanzierung der öffentlichen Aufgaben soll durch die Güter und die Einnahmen des Herrschers erfolgen. Eine Erweiterung der Aufgaben und damit von zusätzlichen Abgaben der Untertanen ist nach seiner Ansicht nur dann gerechtfertigt, wenn es dem Schutz der Steuerzahlenden vor einer Bedrohung von außen dient.[11]

Im Hochmittelalter war die von Landesfürsten erhobene Steuer vorrangig eine Besitzsteuer, die Grund und Boden, aber auch andere Vermögensgegenstände (Vieh, Vorräte etc.) einbezog. Ältester schriftlicher Beleg ist das Domesday-Buch, das im 11. Jahrhundert die Besitzverhältnisse in England zur Besteuerung durch den König erfasste. Damit der weit überwiegende Teil der Bevölkerung, der aus besitzlosen oder armen Leibeigenen und Pächtern bestand, ebenfalls steuerlich erfasst werden konnte, wurde die Kopfsteuer angewendet, die ohne Rücksichtnahme auf Besitz- und Eigentumsverhältnisse, allen Betroffenen den gleichen Betrag abforderte. Die Besteuerung des Einkommens durch die zentralen staatlichen Stellen gestaltete sich als schwierig, denn eine Überwachung der Steuererhebung war wegen der verwaltungstechnischen Mängel im Mittelalter unmöglich. Deshalb wurden oftmals Repartitionssteuern erhoben, bei denen eine Region oder Gemeinde einen pauschalen Steuerbetrag auferlegt bekam, den sie nach eigenem Ermessen auf ihre Bewohner umlegte.

In den folgenden frühstaatlichen Zeiten wurden direkte Steuern nur in Ausnahmefällen erhoben und mussten von den Ständen bewilligt werden. Klassische Anlässe waren ein Krieg, die Hochzeit einer Tochter des Fürsten, der Romzug zur Kaiserkrönung, eine Lösegeldforderung oder ‚Allgemeine Not‘. Da die Steuern nur in größeren Abständen und unregelmäßig erhoben wurden, konnten die Steuersätze auch verhältnismäßig hoch sein (z. B. gewöhnlich 5 % des gesamten Vermögens). Im 16. Jahrhundert werden Steuern in immer dichterer Folge und für immer längere Zeiträume erhoben, so dass sie jährlichen Steuern sehr nahekommen. Der Absolutismus in Frankreich kannte auch wieder das System der Steuerpacht mit all seinen Licht- und Schattenseiten (finanzieller Aufstieg der Steuerpächter als einer neuen Gruppe im Staat, Überausbeutung der steuerzahlenden Bevölkerung).

Seit dem späten Mittelalter erfreuten sich die indirekten Steuern immer größerer Beliebtheit bei den Herrschenden und so wurden die Akzisen auf Getränke wie Bier und Wein, auf Salz, auf Lotterien etc. eingeführt. Auch hier stand die vereinfachte Steuererhebung im Vordergrund, denn meist waren nur wenige Brauereien und Wein- oder Salzhändler auf ihre Steuerehrlichkeit hin zu überwachen. Daneben waren die Zölle eine recht simple Möglichkeit der Einnahmeerzielung für die Fürsten. Sie gründeten Städte, legten Verkehrswege an, überwachten diese und konnten so an entsprechenden Stellen Brückenzoll, Straßenzoll und Torzoll erheben.

Während der gesamten Historie zeigen sich zwei Probleme, die auch in heutiger Zeit nicht gelöst sind: Zum einen führt die Steuergesetzgebungshoheit oftmals zu einer Doppelbesteuerung, und zum anderen ergibt sich immer die Schwierigkeit der Abgrenzung der Steuererhebung von den übrigen Beitreibungen seitens der Herrschenden. So fordern nicht selten vier Institutionen eine Steuer von der Bevölkerung: die Krone (Kaiser oder König), der Landesfürst, die Gemeinde oder Stadt und nicht zuletzt die Kirche. Demzufolge werden die Steuern unterschieden in Reichssteuern (z. B. gemeiner Pfennig), in Steuern der Landesherren, in kommunale Steuern und in den kirchlichen Zehnt. Daneben werden immer auch Beiträge ganz allgemein für eine staatliche Leistung fällig (Nutzgelder), Abgaben wie die Feudalabgabe oder der Todfall erhoben und Dienstleistungen erbracht (Frondienste, Hand- und Spanndienste), die einem Grundherrn zustanden als Gegenleistung für den Schutz, den er den Hörigen bieten musste.

Befreiung von Staatssteuern und Frondiensten auf Zeit wurde beispielsweise Bauherren beim Neubau von Häusern aus Steinen – statt des damals üblichen Fachwerks – gemäß Anordnungen zur Brandverhütung des 18. Jahrhunderts im Kurfürstentum Trier und weiterer Kurfürstentümer des Heiligen Römischen Reiches gewährt. Dort hieß es nach dem damaligen Sprachgebrauch im § 3, dass „die Personal-Freyheit auf drey Jahre hiermit gnädigst verstattet seyn“.[12]

Frühere Steuerarten

Arbeitsplatz eines Steuereintreibers im Museum der Burg Stolpen

Die Bezeichnungen für die Steuern im Mittelalter und der Frühen Neuzeit unterscheiden sich zum einen regional: Bede, Schatzung, Schoss, Contribution. Zum anderen kann anhand der Bezeichnung auch oft der Anlass der Steuer abgeleitet werden: Der Türkenpfennig wurde als Wehrgeld während der Türkenkriege und der Römermonat zur Finanzierung der Romfahrten des Kaisers erhoben. Neben diesen, aus historischen Gründen relevanten Steuern, sind die Papiersteuer (in England von 1697 bis 1861), die Fenstersteuer (ebenfalls in England von 1695 bis 1851), die Spatzensteuer (18. Jahrhundert in Deutschland) und die Fahrradsteuer (bis zur Erfindung des Automobils) der Kuriosität wegen erwähnenswert.

Die vollständige Liste nicht mehr erhobener Steuerarten verschafft einen detaillierten Überblick über alle mittlerweile abgeschafften Steuern.

Neuzeit

Erst Adam Smith stellte 1776 folgende vier Grundsätze auf, nach denen Steuern erhoben werden sollen:

  • Gleichmäßigkeit der Besteuerung: Die Bürger sollen Steuern im Verhältnis zu den Fähigkeiten und insbesondere zu den Einkommensverhältnissen zahlen
  • Bestimmtheit der Steuergesetze: Zahlungstermin, -art und -betrag sollen jedermann klar und deutlich sein
  • Bequemlichkeit der Besteuerung: Die Steuer soll zu der Zeit und in der Weise erhoben werden, die dem Bürger am bequemsten ist
  • Wohlfeilheit der Steuererhebung: Die Kosten der Steuererhebung sollen möglichst gering sein

Während der französischen Revolution wurde das Prinzip der Allgemeinheit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung als Menschenrecht verkündet und England führte als erster Staat zum Ende des 18. Jahrhunderts die Einkommensteuer zur Besteuerung der Vermögenssteigerung ein.

Im 19. Jahrhundert entwickelten sich die Steuergesetze in den souveränen deutschen Einzelstaaten zunächst unterschiedlich, wobei sie in zunehmendem Maße von Forderungen aus der Wirtschaft zum Auf- und Ausbau der Infrastruktur begleitet wurden. Generell lassen sich jedoch laut Ullmann zwei grundsätzliche Entwicklungen unterscheiden. Zum einen die in süddeutschen Staaten dominate Form der Objektbesteuerung (Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer), zum anderen die in der Mitte und im Norden Deutschlands eher dominante Personalsteuer.[13] In dieser Zeit des klassischen Liberalismus hat sich der moderne Steuerstaat herausgebildet, der allerdings ständigen Änderungen und nationalen Besonderheiten in den verschiedenen Steuersystemen unterworfen ist.

Die Grundsätze der Besteuerung

Die von Adam Smith im Jahr 1776 aufgestellten klassischen Steuermaximen gelten auch in modernen Steuersystemen leicht modifiziert weiter. So werden an die Gestaltung der Steuern die folgenden 4 Grundanforderungen gestellt: Gerechtigkeit, Ergiebigkeit, Unmerklichkeit und Praktikabilität.

Gerechtigkeit der Besteuerung

Der Eingriff des Staates in den Eigentums- und Vermögensbestand seiner Bürger setzt zum einen die Besteuerungsgleichheit der Betroffenen und zum anderen den Gesetzesvorbehalt voraus. Das Gebot der Steuergerechtigkeit setzt voraus, dass die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet wird. Dieser Grundsatz wurde vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.[14]

Der Gleichmäßigkeitsgrundsatz

Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist Ausfluss des allgemeinen Gleichheitssatzes, der sich auch aus den Grundrechten ergibt. Wird eine Geldleistung nicht allen, bei denen der Tatbestand zutrifft, auferlegt, so ist sie keine Steuer. Ein ganz besonderes Beispiel dafür war die Spekulationssteuer in Deutschland, die vom Bundesverfassungsgericht für die Jahre 1997 und 1998 für verfassungswidrig erklärt wurde, weil durch ein strukturelles Vollzugsdefizit die gleichmäßige Anwendung des geltenden Rechts auf alle steuerlich relevanten Sachverhalte nicht gewährleistet war.

Das Willkürverbot

Der Gleichheitssatz zwingt den Gesetzgeber auch zur Beachtung des Willkürverbots, nach dem Gleiches nicht willkürlich ungleich behandelt werden darf. Dabei gilt, dass Willkür als das Fehlen zureichender sachgerechter Gründe für die ungleiche Behandlung zu verstehen ist.

Letztendlich kann und muss der Gesetzgeber allerdings nicht so differenzieren, dass jeder Einzelfall individuell abgehandelt wird. Er ist vielmehr auf eine allgemeine Fassung der Steuergesetze angewiesen (Typisierung). Wenn die Allgemeinfassung im Einzelfall zu besonderen Härten führt, stehen Billigkeitsmaßnahmen zur Verfügung, die von der Finanzverwaltung ermessensfehlerfrei anzuwenden sind, da ansonsten ein gerichtlich aufzuhebender Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt.

Die Gleichmäßigkeit der Anwendung

Zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung gehört nicht nur ein diesen Grundsatz beachtendes materielles und formelles Steuerrecht, sondern auch und vor allem die gleichmäßige und willkürfreie Anwendung diesen Rechts durch die Verwaltung und die Gerichte. Insbesondere darf es nicht zu einem Vollzugsdefizit kommen.

Es gilt jedoch zu beachten, dass nicht jede unterschiedliche Interpretation einer Vorschrift durch die Behörden oder Gerichte zur Rechtswidrigkeit und damit zur Verletzung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes führt. Allerdings sind zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung Richtlinien aufzustellen, an deren Anwendung die Finanzbehörden gebunden sind.

Das Rückwirkungsverbot

Steuergesetze dürfen, so wie alle Gesetze, grundsätzlich nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Im Hinblick auf das Vertrauen des Bürgers in eine bestehende Rechtslage und damit getroffene Planungen, sind rückwirkend belastende Steuergesetze bei Beachtung des Rechtsstaatsprinzips grundsätzlich unzulässig.

Dabei ist aber zwischen der „Echten Rückwirkung“ und der „Unechten Rückwirkung“ zu unterscheiden: Bei der echten Rückwirkung greift ein Steuergesetz nachträglich in die in der Vergangenheit liegenden Tatbestände ein oder ist für einen Zeitraum anzuwenden, der vor dem Inkrafttreten beginnt. Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn das Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte auf die Zukunft einwirkt und schwebende Rechtspositionen nachträglich entwertet.

Ergiebigkeit der Besteuerung

Die Steuererhebung dient in erster Linie der Einnahmeerzielung und sollte daher effektiv und ergiebig sein. Der Verwaltungsaufwand darf nicht zu hoch sein. Nicht zuletzt, weil sie diesem Anspruch nicht genügten, wurde in Deutschland eine Vielzahl sog. Bagatellsteuern (z. B. Zündwarensteuer, Leuchtmittelsteuer) abgeschafft. Im Idealfall ist die Steuer so geschaffen, dass sie flexibel auf Konjunkturänderungen reagiert. Das beste Beispiel dafür sind Ertragsteuern, da mit konjunkturbedingt steigendem Einkommen automatisch auch steigende Steuereinnahmen generiert werden. Gegenbeispiel sind Realsteuern, die am Vermögensbestand festgemacht sind und damit konjunkturunabhängig erhoben werden.

Unmerklichkeit der Steuer

Zur Vereinfachung der Steuerzahlung soll der Bürger möglichst weder die Steuerbelastung an sich, noch die Steuererhebung bemerken. Als „unmerklich“ gelten daher vor allem die indirekten Steuern, die im Endpreis enthalten sind und damit vom Steuerschuldner auf den Steuerträger übergewälzt werden. Für den belasteten Steuerbürger ist dies eine „bequeme“ Steuer, da keine Probleme mit der Erhebung und Verwaltung auftreten und durch einen qualifizierten Konsumverzicht die Steuer teilweise vermieden werden kann.

Praktikabilität der Steuer

Die Praktikabilität der Besteuerung wird anhand der Transparenz, Bestimmtheit und Einfachheit der Steuergesetze gemessen. Damit gilt der Anspruch, dass auch in einem rechtstechnisch komplizierten Gebiet wie dem Steuerrecht die Vorschriften nicht unnötig kompliziert und verklausuliert sein sollten. Eine auch für Experten undurchschaubare Gesetzgebung stört das Gerechtigkeits- und Gleichheitsempfinden der Steuerbevölkerung, weil nur „Wohlinformierte“ und „Gutberatene“ alle Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpfen können.

Steuerarten und -gruppen