Stimmen der Völker in Liedern

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Johann Gottfried Herder (1744–1803) sammelte Texte aus ganz Europa und begann unter dem Titel Alte Volkslieder 1775 zum ersten Mal mit deren Druck, den er aber nach den ersten Bogen einstellte.[En. 1] Den Begriff Volkslied prägte er bereits 1771.[En. 2] 1778 und 1779 erschien die Sammlung dann unter dem Namen Volkslieder.[En. 3] Nach seinem Tod erschien 1807 eine zweite Fassung unter dem Namen Stimmen der Völker in Liedern.[En. 4] Herders Definition von Volkslied ist nicht deckungsgleich mit der heutigen Definition eines Volksliedes, da er keine Melodien mitteilt und formal Freiheiten zeigt: Viele Lieder sind Sagen aus anderen Ländern, so nahm er z. B. auch Zitate und Lieder von Shakespeare und anderen bekannten Dichtern in die Sammlung auf, beispielsweise eines von Martin Opitz. Mit Stimmen der Völker in Liedern wurde Herder der „Initiator der deutschen Volksliedforschung“.[En. 5][En. 6]

Bei Herder müssen die Lieder nicht alt und anonym sein, um als Volkslieder angesehen zu werden. Obwohl aus verschiedenen Ländern, sind sie alle in deutscher Sprache mitgeteilt. Neben den westlichen Ländern war Herder insbesondere an den östlichen wie Estland, Litauen und Polen interessiert (Christel Käschel). Herder war dabei auf andere Übersetzer angewiesen.[En. 7] 1771 lernte er den jungen Goethe kennen, dessen künftiges Wirken er beeinflusste. Goethes Gedicht Sah ein Knab ein Röslein stehen (Heidenröslein) ist in Herders Sammlung enthalten. Käschel schreibt, dass Goethe sich damals in einer Schaffenspause befand und ausgelaugt war.[En. 8] In dieser Situation wurde er durch die Begegnung mit Herder positiv beeinflusst.

Bedeutung des Namens

„Stimmen der Völker in Liedern“ ist ein Name, den die erste Auflage von Herders Liedersammlung noch nicht hatte. Dieser Name wurde erst nach seinem Tod verwendet, in der zweiten Auflage von Johann von Müller. Der Name weist darauf hin, dass Lieder aus allen möglichen Ländern in dieser Sammlung enthalten sind, wobei sie die jeweils nationale Stimme ihres Volkes darstellen. Herder war der erste, der eine größere Anzahl deutscher Volkslieder veröffentlichte. Mit den in der Sammlung enthaltenen 27 Liedern aus den deutschsprachigen Gebieten schuf er als einer der ersten ein Nationalgefühl in Deutschland.

Die Unterschiede in den beiden Auflagen

Die erste Auflage wurde 1778/79 herausgegeben. Dabei gab es allerdings eine andere Aufteilung als die heutige, die der zweiten Auflage von 1807 folgt. Diese wurde erst nach Herders Tod von Johann von Müller herausgegeben.[En. 9] Somit gibt es zwei Überlieferungstraditionen: zum einen die nach der ersten Auflage (1778/79) und die nach der zweiten Auflage. Laut Käschel[En. 10] ist die Auflage von 1807 die häufiger benutzte Auflage, sie benutzt jedoch die ursprüngliche Zusammenstellung von 1778/79. Auch Marquardt benutzt die zweite Auflage. Die Unterschiede sind deutlich zu erkennen. Während die eine Auflage thematisch aufgeteilt ist, ist die zweite Auflage nach Ländern aufgeteilt und entspricht somit nicht mehr der Intention Herders.

Aufteilung der verschiedenen Ausgaben

Die Ausgabe von Käschel hat 370 Seiten (194 Lieder) Text, die Ausgabe von Marquardt nur 282 Seiten (107 Lieder). Dies kann man teilweise auf die unterschiedliche Produktionsweise zurückführen, die den unterschiedlichen Umfang möglicherweise bedingt.

Inhaltsübersicht beider Fassungen im Vergleich