Urkunde

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Bauurkunde mit Weihinschrift aus der Gründungskapsel Urmammas, 2112–2095 v. Chr., Vorderasiatisches Museum Berlin, VA 10945

Eine Urkunde (von althochdeutsch urchundi „Erkenntnis“; mittelhochdeutsch urkúnde „Zeugnis“, „Beweis“) ist eine schriftlich niedergelegte und häufig beglaubigte Erklärung, die einen bestimmten Tatbestand bzw. Sachverhalt fixiert und zumeist auch ihren Aussteller erkennen lässt.

Dazu gehören in erster Linie Schriftstücke. Beweiskraft haben vor allem öffentliche Urkunden, die von einer Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben ausgestatteten Person (Notar, Gerichtsvollzieher, Standesbeamter, Ziviltechniker) innerhalb ihres Geschäftsbereiches ausgestellt worden sind. Wichtige Erklärungen (z. B. Testamente) und Verträge können daher notariell beurkundet werden. Bei Grundstückskaufverträgen ist die Beurkundung durch einen Notar gesetzlich vorgeschrieben, also Pflicht. Der Notar dokumentiert die durch ihn beurkundeten Schriftstücke in seiner fortlaufend nummerierten Urkundenrolle.

Geschichte

Stadtrechtsurkunde von 1855

Die Untersuchung von Urkunden im Interesse der Gewinnung historischer Erkenntnisse ist der Gegenstand der Diplomatik.

Im Imperium Romanum genossen neben den Urkunden der staatlichen Autoritäten auch Urkunden öffentlicher Schreiber (Tabellionen) und Urkunden, die in den Rollen der Gemeinden verzeichnet waren (gesta municipalia), öffentliche Glaubwürdigkeit.

Eine typische Form der Gestaltung von privaten Urkunden in der römischen Antike sind doppelt geschriebene Urkundentexte: Eine Version des Textes schrieb man innen auf Wachstafeln oder Papyrus hinter Siegeln verschlossen, eine andere – meist knappere – außen auf den Schriftträger. Solange die Siegel nicht zerstört waren, konnte die Richtigkeit des äußeren Textes jederzeit am inneren Text überprüft werden.

Während in der antiken römischen Gesellschaft die Schriftlichkeit allgemein so hoch war, dass Unterschriften den Urkundentext beglaubigen konnten, wurden im Mittelalter andere Beglaubigungsformen üblich. Ausführlicheres siehe unter Urkunden des Mittelalters und der Frühen Neuzeit.

Die Formate der Urkunden variierten einerseits je nach geschichtlicher Epoche, andererseits auch nach ihrer juristischen Bedeutung. Heute dominiert das A4-Format.

Merkmale einer Urkunde in der Rechtswissenschaft

Die Rechtswissenschaft verwendet den Begriff der Urkunde nicht einheitlich. Maßgeblich ist zwischen dem materiellen und dem prozessualen Urkundenbegriff zu unterscheiden.

Im materiellen Strafrecht wird die Urkunde als verkörperte Gedankenerklärung definiert, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und einen Aussteller erkennen lässt. Verkörperung bedeutet, dass die Urkundssubstanz nicht flüchtig sein darf (Perpetuierungsfunktion, fehlt z. B. bei Schrift im Sand). Auch muss die Gedankenerklärung visuell wahrnehmbar sein, so dass beispielsweise eine Tonbandaufnahme nicht eine Urkunde sein kann.

Beweiseignung bedeutet, dass die Urkunde in einem Prozess zumindest grundsätzlich – und sei es auch nur mitbestimmend – die Entscheidung beeinflussen kann und das nach dem Willen des Ausstellers auch soll (Beweisfunktion, Beweisbestimmung). Aus ihr muss zumindest ein Aussteller als konkrete Person hervorgehen (Garantiefunktion), wobei es reicht, dass dessen Existenz aus äußeren Umständen erschlossen werden kann (also auch der Bierdeckel mit den Bleistiftstrichen). Falsch – mit der Folge, dass das Delikt der Urkundenfälschung in Betracht kommt – ist die Urkunde dann, wenn der erkennbare Aussteller (wie er aus der Urkunde hervorgeht) nicht mit dem wirklichen Aussteller identisch ist. Für die Ausstellereigenschaft kommt es darauf an, wer geistig hinter der Urkunde steht (Geistigkeitstheorie), also z. B. der Unternehmensinhaber für die von der Kassiererin ausgestellte Quittung. Verfälscht ist eine Urkunde dann, wenn der Inhalt der Urkunde nachträglich unbefugt verändert wurde.

Urkunde im prozessualen Sinn ist jede in Schriftzeichen verkörperte Gedankenäußerung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und einen Aussteller erkennen lässt.

Unterschieden werden wirkende Urkunden und bezeugende Urkunden. Wirkende Urkunden enthalten den Vorgang, welcher durch die Urkunde bewiesen werden soll, unmittelbar selbst (z. B. Urteil, Verwaltungsakt, Kaufvertrag, Testament). Inhalt bezeugender Urkunden sind außerhalb der Urkunde liegende Vorgänge, die Wahrnehmung oder eigene Handlungen der Behörde oder der Person öffentlichen Glaubens sind (z. B. Sitzungsniederschrift, Wechselprotest).

Beweiskraft privater und öffentlicher Urkunden