Vaterlandslose Gesellen

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Vaterlandslose Gesellen ist ein politisches Schlagwort bzw. Schimpfwort, das im Wilhelminismus aufkam und im deutschen Diskurs bis in die Gegenwart gebraucht wird, um missliebige Personen, Parteien, Religionsgemeinschaften oder auch Unternehmen mit dem Vorwurf mangelnder Vaterlandsliebe zu diffamieren.

Der Ausdruck wird gemeinhin auf Kaiser Wilhelm II. zurückgeführt, der mit diesen Worten die Reichstagsmehrheit geschmäht haben soll, die 1897 gegen seinen Antrag gestimmt hatte, die deutsche Kriegsflotte erheblich zu vergrößern - also die Abgeordneten des Zentrums, der SPD sowie der Freisinnigen Volkspartei. In den folgenden Jahren, mindestens bis zum Beginn der Burgfriedenspolitik, waren zumeist die Sozialdemokraten gemeint, wenn von „vaterlandslosen Gesellen“ die Rede war, bisweilen aber auch der „Romtreue“ verdächtigte Katholiken, und in antisemitischen Publikationen häufiger auch die deutschen Juden.

Im 21. Jahrhundert kam der Begriff wieder in die Diskussion, als der Präsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Thierse (SPD) in einem Interview die Ansicht äußerte, dass deutsche Unternehmen, die Arbeitsstellen ins Ausland verlagern, „in gewissem Sinne vaterlandslose Gesellen“ seien. Seitdem wurde der Ausdruck häufiger auch in diesem Zusammenhang verwendet, zumeist richtet er sich aber wie schon im Kaiserreich gegen Personen und Parteien der politischen Linken.[1]

Begriffsgeschichte

19. und 20. Jahrhundert