Gustav Böß

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Böß (rechts) zusammen mit dem Wiener Bürgermeister Karl Seitz (1929)
Böß bei der Eröffnung des Volksparks Rehberge
Das Grab von Gustav Böß und seiner Ehefrau Anna im Grab seiner Eltern auf dem Alten Friedhof Gießen

Gustav August Johann Heinrich Böß (* 11. April 1873 in Gießen; † 6. Februar 1946 in Bernried) war ein promovierter Jurist, Kommunalpolitiker der DDP und vom 20. Januar 1921 bis zum 7. November 1929 Oberbürgermeister von Berlin.

Leben

Herkunft und Ausbildung

Gustav Böß war Sohn eines Prokuristen. Er besuchte zunächst das Gießener Realgymnasium (heute: Herderschule Gießen) und begann daraufhin ein Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaft an der Ludwigs-Universität Gießen, das er mit der Promotion abschloss. Er war Mitglied des Corps Hassia.[1]

Frühe berufliche Tätigkeit

Nach den Staatsexamen war er in der Finanzverwaltung des Großherzogtums Hessen tätig und arbeitete dort nacheinander im Finanzministerium, beim Finanzamt und beim Rentamt. Danach wechselte er in die Verwaltung der Preußisch-Hessischen Eisenbahngemeinschaft, und kam dann zur Eisenbahndirektion in Berlin. Später wurde er nach Breslau, und dann nach Altena in Westfalen versetzt. 1905 kehrte er nach Berlin zurück und schied 1910 aus dem Eisenbahndienst aus.[2] Zuletzt hatte er die Position eines Regierungsrates im Eisenbahnministerium.[3]

Stadtrat in Schöneberg

Am 18. April 1910 wurde er von der Stadtverordnetenversammlung in Schöneberg zum besoldeten Stadtrat gewählt[3] und am 6. Juni 1910 in sein Amt eingeführt.[4] In seiner Amtszeit unter den Oberbürgermeistern Rudolph Wilde und Alexander Dominicus unterstand ihm das Verwaltungsdezernat in allen Verkehrsangelegenheiten, einschließlich der Untergrundbahn (der heutigen U-Bahn-Linie U4),[5] die sich damals noch im Bau befand. Er war Vorsitzender der Verkehrsdeputation[5] und hatte in seiner Funktion als Stadtrat großen Anteil an der Lösung der schwierigen Groß-Berliner Verkehrsprobleme jener Zeit.

Darüber hinaus wurde Böß am 18. September 1911 zu einem von fünf Vertretern der Stadt Schöneberg beim Zweckverband Groß-Berlin gewählt.[6]

Kämmerer von Berlin

Aufgrund seiner fachlichen Kompetenz und seiner organisatorischen Fähigkeiten, wurde er auf Vorschlag der Liberalen am 2. Mai 1912 zum Kämmerer der Stadt Berlin gewählt.[7] Das Amt trat er am 23. Mai 1912 an.[8] Seine Amtszeit, die in die Zeit des Ersten Weltkrieges fiel, war vor allem durch große Schwierigkeiten geprägt. Zum einen strapazierten vor allem die Kriegs- und Nachkriegsjahre in hohem Maße die städtischen Finanzen, zum anderen war unter den Bedingungen der nachfolgenden Inflation eine gesunde Haushaltsführung kaum möglich.

Auch nach der Bildung Groß-Berlins am 1. Oktober 1920 war er weiterhin als Kämmerer der Stadt tätig. So wurde er am 22. September 1920 erneut in dieses Amt gewählt.[9] Die Amtseinführung fand jedoch erst am 12. November 1920 statt,[10] da die Wahl der Magistratsmitglieder noch nicht bestätigt werden konnte.[11] Bis dahin war er als Mitglied des alten Magistrats kommissarisch im Amt.[10]

Berliner Oberbürgermeister

Am 20. Januar 1921 wurde Gustav Böß von der Berliner Stadtverordnetenversammlung mit den Stimmen der SPD zum Oberbürgermeister gewählt.[12] Die Amtseinführung fand am 10. Februar 1921 durch den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg und von Berlin Adolf Maier statt.[13][11] Als Oberbürgermeister Berlins regierte er in den Goldenen Zwanzigerjahren eine der bedeutendsten Metropolen Europas und der Welt. Daneben war er von 1921 bis 1929 Mitglied des Preußischen Staatsrates.

Böß setzte sich dabei für eine stärkere Zentralisierung der Berliner Verwaltung ein, die allerdings immer wieder von den Bezirksämtern erfolgreich abgewehrt werden konnte. Er engagierte sich für den Spiel- und Sportstättenbau und die Schaffung von Parks, die zum Teil durch die Berliner Wirtschaft finanziert wurden. So war er Initiator der 1921 gegründeten Stiftung ,,Park, Spiel und Sport”, mit deren Hilfe Sponsorengelder eingeworben wurden, die unter anderem für die Fortführung des Baus des Volksparks Jungfernheide verwendet wurden, und eine Reihe weiterer Park- und Sportanlagen finanziert werden konnten.[14][15] Darüber hinaus wurden in seiner Amtszeit das Poststadion, das Deutsche Sportforum mitsamt dem Annaheim, die Sportplätze in Charlottenburg, am Rande des Grunewaldes und im Volkspark Jungfernheide, der Dominicus-Sportplatz im heutigen Sportzentrum Schöneberg und das Mommsenstadion gebaut.

1925 wurde im Rahmen der Berliner Turn- und Sportwoche die erste schwimmende Jugendherberge in Dienst gestellt und in Anerkennung seiner Leistungen, insbesondere für die Jugend, nach ihm benannt.[16] Sie trug den Namen „Schwimmende Jugendherberge I. Oberbürgermeister Böß“.[17]

Daneben unterstützte er den Kunstbetrieb, etwa durch die Umwandlung des „Deutschen Opernhauses“ in eine Städtische Oper und die Förderung junger Künstler durch die seit 1924 regelmäßig veranstalteten Rathauskonzerte. In seine Zeit fielen außerdem große Bauprojekte wie die Messe Berlin und der Flughafen Tempelhof, sowie die Aktionswoche Berlin im Licht vom 13. bis 16. Oktober 1928.[18] 1925 schuf der Berliner Bildhauer Karl Trumpf eine ausdrucksstarke Bronzebüste von Bürgermeister Böß, von der ein Exemplar im gleichen Jahr vom Berliner Magistrat erworben wurde.

Pelzmantelaffäre

Gustav Böß entschied sich am 7. November 1929, einen Tag nach seiner Unschuldserklärung in der Presse, auf Grund des im Zuge des Sklarek-Skandals verlorenen Vertrauens sein Amt niederzulegen. Darin hatten die Brüder Sklarek sich illegal durch verbilligte Bekleidung an Politiker und Beamte ein Belieferungsmonopol für Krankenhäuser und Fürsorgeeinrichtungen verschafft und Kreditbetrug begangen. Böß war in den Skandal verwickelt, weil seine Frau einen kostbaren Pelzmantel für den Bruchteil des eigentlichen Preises erhalten hatte. Die Differenz zum Gesamtwert des Pelzmantels von 1000 RM hatte Böß im Anschluss einem wohltätigen Zweck zugeführt. Er kaufte für 800 RM ein Bild (bzw. ließ für diesen Preis ein Bild von sich selbst anfertigen) und ließ 200 RM zwei notleidenden Schwägerinnen zukommen. Eine Mitteilung darüber an die Firma Sklarek erfolgte nicht.[19]

Aufgrund dieser sogenannten Pelzmantelaffäre wurde ein Verfahren gegen Böß mit dem Vorwurf eines Dienstvergehens bei der Leitung der Stadtverwaltung eingeleitet, das in erster Instanz in einer Verurteilung zur Dienstentlassung mündete, die allerdings später wieder aufgehoben wurde. Im darauf folgenden Berufungsverfahren am Preußischen Oberverwaltungsgericht wurde ein Dienstvergehen bei der Leitung der Stadtverwaltung verneint. Der Weg der Begleichung der Rechnung für den Pelzmantel wurde jedoch durch das Gericht als Dienstvergehen gewertet, wofür Böß zu einer Geldbuße in Höhe eines Monatsgehaltes verurteilt wurde. Im Anschluss an das Berufungsverfahren ließ sich Böß aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde 1933 ein neues Verfahren gegen Böß angestrengt. Ihm wurde nun vorgeworfen, zu hohe Bezüge kassiert und zu hohe Kosten für den Umbau einer Dienstwohnung verursacht zu haben. Da die Vorwürfe sich als unbegründet erwiesen, wurde letztlich keine Anklage erhoben und Böß wurde nach neun Monaten wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.[20]

Ab 1934

1934 ging Böß zunächst nach München und wohnte anschließend bis zu seinem Tode am 6. Februar 1946 in Bernried am Starnberger See.

Rezeption

Es gibt ein Couplet über Bürgermeister Böß und den Sklarek-Skandal nach dem Lied „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ (Musik von Leonello Casucci):

Bürgermeister Böß, Bürgermeister Böß,
denke nicht mehr an die Zeiten,
als Du warst im Amt,
gingst in Seid´ und Samt,
konntest Deutschlands Zukunft leiten,
Stellung ging passé, Sklarek sagt adé,
schöner Nerz, du liegst in Fransen,
und da kriegst Du noch zum Lohn
eine klotzige Pension,
nun geh und lass das Streiten.

Ehrungen

Familie und Privates

Gustav Böß war evangelisch. Seine Eltern waren der Prokurist Karl Böß (1842–1902) und dessen Ehefrau Hermine Böß (geb. Bingmann) (1848–1909).

Seit 1911 war er mit Anna Helene Böß[25] (geb. Stege) (1876–1952) verheiratet.

Er hatte zwei Söhne und zwei Töchter.

Werke

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Literatur

Weblinks

Commons: Gustav Böß – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Auflistung berühmter Korporierter
  2. Schöneberg. Stadtrat Böß Stadtkämmerer von Berlin. In: Friedenauer Lokal-Anzeiger. 19. Jahrg., Nr. 97, 25. April 1912, S. 2; zlb.de
  3. a b Schöneberg. In: Friedenauer Lokal-Anzeiger, 17. Jahrg., Nr. 91, 19. April 1910, S. 3.
  4. Schöneberg. In: Friedenauer Lokal-Anzeiger, 17. Jahrg., Nr. 131, vom 7. Juni 1910, S. 3.
  5. a b Personalnachweisung der Gemeinde-Verwaltung der Stadt Schöneberg. September 1910, S. 25; zlb.de
  6. Schöneberg. In: Friedenauer Lokal-Anzeiger, 18. Jahrg., Nr. 221, 19. September 1911, S. 3; zlb.de
  7. Wahl a) eines besoldeten Stadtrats, b) des Kämmerers. In: Amtlicher stenographischer Bericht für die Sitzung der Stadtverordnetenversammlmug am 2. Mai 1912. No. 15., S. 190.
  8. Einführung und Verpflichtung des nengewählten Herrn Kämmerers Böß. In: Amtlicher stenographischer Bericht für die Sitzung der Stadtverordnetenversammlmug am 23. Mai 1912. No. 18., S. 204/205.
  9. 6. Sitzung vom 22. September 1920. Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin, 47. Jahrgang, 1920, S. 149–151.
  10. a b cc) Uebernahme der Verwaltung durch die neuen Körperschaften. In: Erster Verwaltungsbericht der neuen Stadtgemeinde Berlin für die Zeit vom 1. Oktober 1920 bis 31. März 1924, Heft 1, Abschnitt C., S. 56.
  11. a b Erster Verwaltungsbericht der neuen Stadtgemeinde Berlin für die Zeit vom 1. Oktober 1920 bis 31. März 1924, Heft 1, Abschnitt C. S. 55.
  12. {{#invoke:Vorlage:Literatur|f}}
  13. Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin. 48. Jahrgang. 1921. 7. Sitzung vom 10. Februar 1921. S. 341.
  14. a b Vorlage:Zitation In: Vorlage:Zitation.Vorlage:TemplatePar
  15. Newsletter Christian Hochgrebe, Ausgabe Oktober 2019 (PDF; 1,7 MB) S. 11, abgerufen am 29. September 2021
  16. Vorlage:MittVereinGeschiBerlins
  17. Vorlage:Zitation In: Vorlage:Zitation.Vorlage:TemplatePar
  18. Regina Kusch: Vorlage:Zitation {{#invoke:Vorlage:FormatDate|Execute}}.Vorlage:TemplatePar
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  20. {{#invoke:Vorlage:Literatur|f}}
  21. Böß Ehrenbürger von New York In: Vossische Zeitung. Jahrgang 1929, Nr. 452, vom 25. September 1929, S. 2.
  22. Vorlage:MittVereinGeschiBerlins
  23. Ausgabe Oktober 2019. (PDF; 1,7 MB) Newsletter Christian Hochgrebe, S. 12; abgerufen am 29. September 2021
  24. Gustav-Böß-Straße bei Luise
  25. Oliver Ohmann: Vorlage:Zitation In: Vorlage:Zitation {{#invoke:Vorlage:FormatDate|Execute}}.Vorlage:TemplatePar
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Böß, Gustav August Johann Heinrich (vollständiger Name)
* 11. April 1873 in Gießen
† 6. Februar 1946 in Bernried
Oberbürgermeister von Berlin
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