Marburger Burschenschaft Rheinfranken

aus WikiDoku
Marburger Burschenschaft Rheinfranken
Wappen Zirkel
Basisdaten
Hochschulort: Marburg
Hochschule/n: Philipps-Universität Marburg
Gründung: 13. Mai 1880
Korporationsverband: Deutsche Burschenschaft
Farbenstatus: farbentragend
Farben:
Fuchsenfarben:
Art des Bundes: Männerbund
Stellung zur Mensur: pflichtschlagend, 2 Mensuren
Wahlspruch: Vaterland, Freundschaft, Ehre!
Website: formatURL | https://www.burschenschaft-rheinfranken.de/ }}

Die Marburger Burschenschaft Rheinfranken ist eine pflichtschlagende Studentenverbindung in der hessischen Universitätsstadt Marburg. Die Burschenschaft ist Mitglied im Korporationsverband Deutsche Burschenschaft. Sie wurde 1880 als „Akademischer Verein für Studierende der neueren Philologie zu Marburg“ gegründet und erhielt 1925 mit der Aufnahme in die Deutsche Burschenschaft ihren heutigen Namen.

Allgemeines

Die Marburger Burschenschaft Rheinfranken ist eine pflichtschlagende Studentenverbindung. Ihre Mitglieder müssen mindestens zwei gültige bzw. ziehende Schlägerpartien gefochten haben. Der Wahlspruch der Burschenschaft lautet „Vaterland – Freundschaft – Ehre“. Im Jahre 2009 bestand sie aus 195 Mitgliedern sowie dem Freundeskreis, wobei sich die Mitglieder zum einen in die Aktivitas (Studierende vor Ort) und zum anderen in den Altherrenverband aufteilen. Im Freundeskreis kommen Mäzene, Förderer und Wegbegleiter zusammen.

In die Burschenschaft aufgenommen werden nur männliche deutsche Studenten, wobei „deutsch“ sich nicht über die Staatsangehörigkeit, sondern entsprechend der Prinzipien der DB über einen volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff definiert.[1] Bis zur Aussetzung der Wehrpflicht 2011 wurden keine Wehrdienstverweigerer aufgenommen.

Geschichte

Gründungsphase

Zeit-, Namens- und Geschichtstafel der heutigen Marburger Burschenschaft Rheinfranken

Die Marburger Rheinfranken gehen auf den 1878 gegründeten „Philologisch-Historischen Verein“ zurück. Daraus ging am 13. Mai 1880[2] der „Akademische Verein für Studierende der neueren Philologie zu Marburg“, hervor, aus dem die heutige Marburger Burschenschaft Rheinfranken entstand. Zu den Gründungsmitgliedern zählten einige Schüler des Marburger Professors für romanische Philologie Edmund Max Stengel. Zweck des Vereins war die Hebung des wissenschaftlichen Interesses und der Pflege der Geselligkeit unter den Studierenden der neueren Philologie. Zu den Aktivitäten gehörten Vortragsabende und die Studentenkneipe. Wenige Monate nach seiner Gründung wurde der Verein Mitglied im Cartellverband neuphilologischer Vereine an deutschen Hochschulen, dem späteren Weimarer Kartellverband.[3]

1881 nahm der Verein die heutigen Farben mit Wappen und Zirkel an. Die Farben schwarz-silber-blau lehnen sich an die Amtstracht der damaligen Professoren der Fakultät an, welche schwarze Talare mit blauen Aufschlägen und silbernen Knöpfen trugen. Der Zirkel zeigt die in sich verschlungenen Buchstaben S–P–R, die als Abkürzung für die lateinische Vereinsbezeichnung „Societas Philologorum Recentium“ stehen. Der Verein war zunächst nichtschlagend. Im Jahre 1890 wurde er in „Akademisch-Neuphilologischer Verein“ umbenannt. Nach und nach entwickelten sich korporative Tendenzen, so bis zur Jahrhundertwende die Einteilung in Füxe, aktive und inaktive Burschen und Alte Herren. Seit dem Jahr 1890 war das Tragen von Bier- und Weinzipfeln in den Vereinsfarben gestattet. Ab 1896 wurde es zur Pflicht. Der Verein wurde nun politischer. Seit 1893 bestand die Pflicht, Schlägerkurse zu besuchen. Ab 1910 wurden Säbelkurse obligatorisch. Der Verein folgte dem damals üblichen Prinzip unbedingter Satisfaktion. Der Säbel wurde als studentische Ehrenwaffe anerkannt.

Zusehends wurden Germanisten, Historiker und Altphilologen in den Verein aufgenommen, weshalb 1908 der Name in „Akademisch-Philologischer Verein“ geändert wurde. Bis 1908 gastierte der Verein im Turnergarten, später dienten die Marburger Stadtsäle als neues Verkehrslokal. 1913 wurde ein eigenes Grundstück im heutigen Kaffweg erworben.

Weimarer Republik

1920 gab sich der Verein den Namen „Wissenschaftliche Verbindung Rheinfranken“.

Im selben Jahr trat die Mehrheit der korporierten Studenten Marburgs dem Studentenkorps Marburg (StuKoMa) bei, einem Zeitfreiwilligenverband zur Unterstützung der Reichswehr anlässlich der bürgerkriegsartigen Zustände in Deutschland. An den Ereignissen von Mechterstädt war die Wissenschaftliche Verbindung Rheinfranken im Gegensatz zu den Marburger Corps und Burschenschaften nicht beteiligt. Ihre Aktiven gehörten nicht zum von Bogislav von Selchow kommandierten ersten Bataillon des StuKoMa, sondern wie die der anderen wissenschaftlichen Vereine und Verbindungen Marburgs zur 8. Kompanie im zweiten Bataillon unter Hauptmann a. D. Karl-Ludwig von Buttlar. Das zweite Bataillon wurde einige Tage nach dem ersten aufgestellt und griff erst in die Kämpfe in Thüringen ein, nachdem es bereits zu den dortigen Gefangenenerschießungen gekommen war.[4]

Im Jahr 1921 nahm Rheinfranken die Verbindung auf, aus der sie ursprünglich hervorgegangen war, den vormaligen „Philologisch-Historischen Verein“. 1910 war der PhHV nach langer Vertagung wieder reaktiviert worden, als man eine lose „Altphilologische Gesellschaft“ als neue Aktivitas in den Verein integrieren konnte. In den folgenden Semestern wurde das fachwissenschaftliche Prinzip aufgegeben, Paukzeug angeschafft und der Kontraboden obligatorisch. 1919 wurde der Verein schließlich in „Wissenschaftliche Verbindung Hercynia“ umbenannt, grün-gold-rote Bänder und grüne Mützen angelegt und sich zur unbedingten Satisfaktion bekannt.

Da die Hercynia weniger Neueintritte verzeichnete und wie Rheinfranken Mitglied im Göttinger Kartell war, entschlossen sich beide Schwesterbünde zum Aufgehen der Hercynia in Rheinfranken. Letztere Verbindung wurde so zu einer der stärksten Marburgs.[5]

Am 1. Januar 1922 änderte der Bund seinen Namen in „Verbindung Rheinfranken“.

Die Vereinsmitglieder, die sich untereinander Bundesbruder nannten (und bis heute nennen), reichten 1924 ein Aufnahmegesuch bei der Deutschen Burschenschaft ein. Das wurde auf dem Burschentag in Danzig zunächst abgelehnt.

Mit dem Erwerb eines Baugrundstücks in der Lutherstraße 1925 durch den Altherrenverband begann der Bau eines Verbindungshauses. Auf dem Burschentag in Eisenach am 31. Mai 1925 wurden die Rheinfranken als vorerst probendes Mitglied in die Deutsche Burschenschaft aufgenommen. Der Verein änderte nun seinen Namen in „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“. 1927 wurde die Burschenschaft als ordentliches Mitglied in die Deutschen Burschenschaft aufgenommen.

1927 konnte auch das „Rheinfrankenhaus“ bezogen werden. Mit der ansteigenden Zahl von Studenten infolge der Weltwirtschaftskrise wuchs die Burschenschaft. In dieser Zeit wurden durchschnittlich 40 bis 50 Mitglieder pro Semester bzw. pro Trimester aufgenommen.

Nationalsozialismus

Seit dem Sommersemester 1934 verschärfte der Marburger Studentenführer Gerhard Todenhöfer, selbst Bruder eines Marburger Arminen, den Druck auf die bestehenden Korporationen. Zum Wintersemester 1935/36 klärte sich die Lage auf. Die Burschenschaft Rheinfranken wurde am 6. November 1935 zeitgleich mit sechs weiteren Verbindungen (Burschenschaft Arminia, Burschenschaft Germania, Landsmannschaft Hasso-Borussia, Turnerschaft Philippina, AMV Fridericiana und ATV Marburg) auf dem Marburger Marktplatz im Rahmen einer öffentlichen Feierstunde in je eine Kameradschaft des NSDStB überführt.[6] Da der NSDStB den neuen Kameradschaften aber willkürlich Studienanfänger als Anwärter sowie zur Kontrolle jeweils zwei Studentenbundsmitglieder zuwies, regte sich Widerspruch. Mit Schreiben vom 2. Februar 1936 beantragten die Kameradschaften ihre Beurlaubung, die von der Studentenschaftsleitung zum Semesterende in eine Auflösung umgewandelt wurde. Am 14. Mai untersagte Rudolf Heß allen Angehörigen der NSDAP und ihrer Formationen die gleichzeitige Mitgliedschaft in einer studentischen Korporation, womit das Ende der aktiven Verbindungen besiegelt wurde. Auf dem Rheinfrankenhaus wurde fortan ein inoffizieller Aktivenbetrieb fortgesetzt, wobei der Altherrenverband gleichzeitig weiter mit Gaustudentenführer Todenhöfer über die Bildung einer neuen Kameradschaft verhandelte.[7]

Am 5. November 1938 beauftragte der neue Gaustudentenführer Schultze den Rheinfranken Heinz Herold (aktiv WS 1934/35) mit der Führung einer Gemeinschaft auf dem Rheinfrankenhaus, die auf den Traditionen des alten Bundes fußen sollte. Die Anerkennung als Kameradschaft Herold wurde nach Bewährung im 1. Trimester 1940 gewährt. Die noch in Marburg studierenden Inaktiven der Rheinfranken wurden als Altkameraden übernommen, wodurch eine Kontinuität von Burschenschaft und Kameradschaft hergestellt wurde. Gleichzeitig traten neue Mitglieder, darunter mehrere Söhne von Alten Herren der Rheinfranken ein. Die Suche eines Namens für die neue Kameradschaft gestaltete sich schwierig. Die Anträge Freiherr vom Stein und Walter Flex wurden 1940 durch den NSDStB als schon zu häufig vergeben abgelehnt, später auch Friedrich Friesen. Erst der 1941 eingebrachte Vorschlag Ritter von Schönerer fand Zustimmung und wurde der nunmehrigen Kameradschaft Ritter von Schönerer am 26. Januar 1943 verliehen. Den Aktivenbetrieb bestritten die zum Studium beurlaubten oder durch Verwundung nicht mehr kriegstauglichen Bundesbrüder. Scharfe Mensuren wurden während des Krieges nicht mehr gefochten, da diese als Selbstverstümmelung militärrechtlich geahndet werden konnten.[8]

Gegen Ende des Weltkrieges brach der Universitätsbetrieb in Marburg zusammen. Der letzte Konvent der Kameradschaft Ritter von Schönerer datiert auf den 23. Januar 1945.[9] Am 28. März wurde die Stadt durch die 3. US-Panzerdivision kampflos besetzt.

Nach dem Ende des Nationalsozialismus

Die Alliierten verboten die studentischen Korporationen als NS-nahe Vereinigungen. Wie die meisten Korporationshäuser wurde auch das Rheinfrankenhaus von der US-amerikanischen Militärregierung beschlagnahmt. Aus dem Verbindungshaus wurde eine Apotheke mit Arzneimittellager. Trotz Verbots traf man sich heimlich in Kellerräumen der Apotheke.

Mit Zustimmung der Besatzungsbehörden hatte man im Wintersemester 1947/48 den „Studentischen Wanderclub Marburg“ gegründet, dem die ehemaligen Alten Herren der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ wieder beitraten. 1948 fand das erste Nachkriegsstiftungsfest statt. Bald konnte der Altherrenverband zunächst unter dem Namen „Verband ehemaliger Rheinfranken“, später unter dem Namen „Studentenverein Rheinfranken“ neu gegründet werden. Die Rechtsnachfolge wurde festgestellt und es begann ein jahrelanger Rechtsstreit um die Rückgabe des Rheinfrankenhauses, welches mittlerweile vom Land Hessen verwaltet wurde. Die vollständige Rückgabe erfolgte 1953.

Die Neugründung der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ geschah zeitgleich mit der des Dachverbands Deutsche Burschenschaft. Am 16. und 17. Juni 1950 fand in Marburg der erste Burschentag nach dem Nationalsozialismus statt. 1950 fusionierten die Burschenschaft Hercynia Marburg und die Rheinfranken. Hercynia Marburg war 1929 entstanden und aus der Clausthaler Burschenschaft Allemania (Gründung am 20. April 1922) und der Burschenschaft Sigambria (Gründung am 6. November 1889) hervorgegangen. Seit 1952 durften die Mitglieder der Rheinfranken wieder in Couleur in der Öffentlichkeit auftreten. Im selben Jahr wurde die Bestimmungsmensur wieder eingeführt, und die Rheinfranken traten dem Marburger Waffenring bei.

Jüngste Zeit

Mit dem Aufkommen neuer sozialer Bewegungen in den 1960er/70er Jahren veränderten sich die Meinungsverhältnisse und die politischen Kräfteverhältnisse in den westdeutschen Studentenschaften grundlegend. Burschenschaftliche Zusammenschlüsse wurden wie generell rechtsorientierte studentische Vereinigungen marginalisiert. In ihrer ehemaligen Hochburg Marburg bestimmten nun Sozialistischer Hochschulbund (SHB) und MSB Spartakus die Atmosphäre in der Studentenschaft und die Politik des Allgemeinen Studentenausschusses. Die Rheinfranken traten in der Folgezeit dem während des Burschentags in Landau 1969 gegründeten „Neuen Landauer Kreis“ bei, aus dem sich später der „Marburger Ring“ entwickelte.

In den 1980er Jahren stiegen die Mitgliederzahlen wieder an. Das Fechten und die Pflichtmensur wurden wieder eingeführt.

Rheinfranken-Mitglieder gehörten zu den Gründern der Marburger Sektion des Republikanischen Hochschulverbandes (RHV).[10] Mitglied von RHV und Republikanern war der Rheinfranke Björn Clemens, der zeitweise stellvertretender Vorsitzender der Partei war.[11]

Im Verbandsjahr 2000/01 übernahm Rheinfranken den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft.

Verhältnisse

Die Marburger Burschenschaft Rheinfranken gehört seit 1925 der Deutschen Burschenschaft an. Sie ist gegenwärtig kartellfrei, gehörte aber von 1954 bis 1963 dem Blauen Verband an, einer Vereinigung von Burschenschaften, die im Dachverband die Mitte repräsentierten. Dem BV gehörten neben den Rheinfranken die Berliner Burschenschaft der Märker, Alemannia Freiburg, Wartburg Köln-Germania Leipzig, Rhenania München, Salingia Halle zu Münster und Germania Würzburg an, zu denen enge Beziehungen unterhalten wurden. Der Blaue Verband bildete gemeinsam mit dem Schwarz-Roten Verband und dem Grün-Weiß-Roten Kartell den Eisenacher Ring innerhalb der Deutschen Burschenschaft. Studierten Rheinfranken an auswärtigen Universitäten, waren sie bei den Burschenschaften des Eisenacher Ringes Verkehrsgäste.

1963 erklärte die Burschenschaft Rheinfranken den Austritt aus dem Blauen Verband, da sie im Gegensatz zu den meisten anderen Burschenschaften des BV die Fusion von Deutscher Burschenschaft und Deutscher Burschenschaft in Österreich befürwortete.[12]

Enge Verhältnisse bestanden in der Zwischenkriegszeit zur Burschenschaft Ostmark Wien, bei der viele auswärtig inaktive Rheinfranken (u. a. Fritz Hellwig) verkehrten, und in den 1950er und 1960er Jahren zur Wiener akademischen Burschenschaft Olympia.[13]

Zum heutigen politischen Selbstverständnis