Reichstagswahl 1877
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Die Reichstagswahl 1877 war die Wahl zum 3. Deutschen Reichstag. Sie fand am 10. Januar 1877 statt. Die Wahlbeteiligung lag bei 60,6 % und damit etwa bei der von 1874.
Gewinne bei dieser Wahl verbuchten die konservativen Kräfte auf Kosten der Liberalen. Darin sah sich Reichskanzler Otto von Bismarck, der seit einiger Zeit von der Freihandels- zur Schutzzollpolitik überging (Entlassung Rudolph von Delbrücks 1876), bestätigt. Die Spannungen zwischen dem Kanzler und den Liberalen verschärften sich nun zunehmend. In diesem Zusammenhang kam es zur „Kanzlerkrise“ (vergleiche Albrecht von Stosch).
Die 1876 gegründete Deutschkonservative Partei trat erfolgreich die Nachfolge der preußischen Altkonservativen an. Die nunmehr vereinten Sozialisten, 1874 noch in Arbeiterverein und Arbeiterpartei gespalten, konnten erneut ihre Mandatszahl erhöhen. Gleiches galt für die (Süd-)Deutsche Volkspartei, die sich in Württemberg etablierte. Das Zentrum stabilisierte sich als zweitstärkste Kraft.
Nach Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. und Auseinandersetzungen um das geplante Sozialistengesetz wurde der dritte Reichstag auf Wunsch Bismarcks vom Kaiser aufgelöst, und es kam zur Reichstagswahl 1878.
Wahltermin
„Verordnung, betreffend die Wahlen zum Reichstag. Vom 23. November 1876.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen, etc. verordnen auf Grund der Bestimmung im § 14 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869, im Namen des Reichs, was folgt: Die Wahlen zum Reichstag sind am 10. Januar 1877 vorzunehmen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichem Insiegel.
Gegeben Berlin, den 23. November 1876. / Wilhelm. / Fürst v. Bismarck.“
Gesamtergebnis
Die Unterstützer der Politik Otto von Bismarcks, also Freikonservative, Nationalliberale, Fortschrittsparteiler und Altliberale erhielten eine deutliche Mehrheit der Sitze. Jedoch begann die Beziehung zwischen Bismarck und den Nationalliberalen abzukühlen.
Politische Richtung | Parteien | Wählerstimmen | Sitze im Reichstag[1] | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
in Mio. | Anteil | ggüb. 1874 | absolut | Anteil | ggüb. 1874 | ||||
Konservative | Deutschkonservative Partei (DKP) | 0,526 | 9,7 % | +2,8 % | 40 | 10,1 % | +19 | ||
Deutsche Reichspartei (DRP) | 0,427 | 7,9 % | +0,7 % | 38 | 9,6 % | +6 | |||
Liberale | Rechts- | Nationalliberale Partei (NLP) | 1,470 | 27,2 % | −2,5 % | 128 | 32,2 % | −26 | |
Sonstige Liberale | 0,135 | 2,5 % | +1,5 % | 13 | 3,3 % | +7 | |||
Links- | Deutsche Fortschrittspartei (DFP) | 0,418 | 7,7 % | −0,9 % | 35 | 8,8 % | −14 | ||
Deutsche Volkspartei (DtVP) | 0,045 | 0,8 % | +0,4 % | 4 | 1,0 % | +3 | |||
Katholiken | Zentrumspartei | 1,341 | 24,8 % | −3,1 % | 93 | 23,4 % | +2 | ||
Sozialisten | Sozialdemokraten (SAP) | 0,493 | 9,1 % | +2,3 % | 12 | 3,0 % | +3 | ||
Regionalparteien, Minderheiten |
Deutsch-Hannoversche Partei (DHP) | 0,085 | 1,6 % | +0,2 % | 4 | 1,0 % | ±0 | ||
Polen | 0,216 | 4,0 % | +0,2 % | 14 | 3,5 % | ±0 | |||
Dänen | 0,023 | 0,4 % | −0,3 % | 1 | 0,3 % | ±0 | |||
Elsaß-Lothringer | 0,200 | 3,7 % | −0,8 % | 15 | 3,8 % | ±0 | |||
Sonstige | 0,022 | 0,4 % | −0,6 % | - | - | ±0 | |||
Gesamt | 5,401 | 100 % | 397 | 100 % |
Gewählte Abgeordnete nach Wahlkreisen
In jedem der insgesamt 397 Wahlkreise wurde nach absolutem Mehrheitswahlrecht ein Abgeordneter gewählt. Wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, wurde eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten durchgeführt. In den folgenden Tabellen werden die Wahlkreissieger und ihre im amtlichen Endergebnis genannte Parteistellung angegeben.[1][2]
Preußen
Bayern
Sachsen
Württemberg
Baden
Großherzogtum Baden | ||||
---|---|---|---|---|
1 | Konstanz, Überlingen, Stockach | Franz Xaver Heilig | NLP | |
2 | Donaueschingen, Villingen | Robert Gerwig | NLP | |
3 | Waldshut, Säckingen, Neustadt im Schwarzwald | Joseph Hebting | NLP | |
4 | Lörrach, Müllheim | Markus Pflüger | NLP | |
5 | Freiburg, Emmendingen | Albert Bürklin | NLP | |
6 | Lahr, Wolfach | Wilhelm Morstadt | NLP | |
7 | Offenburg, Kehl | Carl Baer | NLP | |
8 | Rastatt, Bühl, Baden-Baden | Franz Xaver Lender | Zentrum | |
9 | Pforzheim, Ettlingen | Casimir Rudolf Katz | DKP | |
10 | Karlsruhe, Bruchsal | August Eisenlohr | NLP | |
11 | Mannheim | Ferdinand Scipio | NLP | |
12 | Heidelberg, Mosbach | Wilhelm Blum | NLP | |
13 | Bretten, Sinsheim | Friedrich Kiefer | NLP | |
14 | Tauberbischofsheim, Buchen | Franz von und zu Bodman | Zentrum |
Hessen
Großherzogtum Hessen | ||||
---|---|---|---|---|
1 | Gießen, Grünberg, Nidda | Adalbert Nordeck zur Rabenau | DRP | |
2 | Friedberg, Büdingen, Vilbel | Bernhard Schroeder | NLP | |
3 | Lauterbach, Alsfeld, Schotten | Eduard Wadsack | NLP | |
4 | Darmstadt, Groß-Gerau | Wilhelm Büchner | DFP | |
5 | Offenbach, Dieburg | Friedrich Dernburg | NLP | |
6 | Erbach, Bensheim, Lindenfels, Neustadt im Odenwald | Georg Martin | NLP | |
7 | Worms, Heppenheim, Wimpfen | Cornelius von Heyl zu Herrnsheim | NLP | |
8 | Bingen, Alzey | Ludwig Bamberger | NLP | |
9 | Mainz, Oppenheim | Georg Oechsner | DtVP |
Kleinstaaten
Elsaß-Lothringen
Reichsland Elsaß-Lothringen | ||||
---|---|---|---|---|
1 | Altkirch, Thann | Landolin Winterer | Els.-Lothringer | |
2 | Mülhausen | Johann Dollfus | Els.-Lothringer | |
3 | Kolmar | Charles Grad | Els.-Lothringer | |
4 | Gebweiler | Joseph Guerber | Els.-Lothringer | |
5 | Rappoltsweiler | Jacob Ignatius Simonis | Els.-Lothringer | |
6 | Schlettstadt | Louis Heckmann-Stintzy | Els.-Lothringer | |
7 | Molsheim, Erstein | Achille Rack | Els.-Lothringer | |
8 | Straßburg-Stadt | Gustav Adolf Bergmann | Els.-Lothringer | |
9 | Straßburg-Land | Jean North | Els.-Lothringer | |
10 | Hagenau, Weißenburg | Xaver Joseph Nessel | Els.-Lothringer | |
11 | Zabern | Carl August Schneegans | Els.-Lothringer | |
12 | Saargemünd, Forbach | Eduard Jaunez | Els.-Lothringer | |
13 | Bolchen, Diedenhofen | Charles Abel | Els.-Lothringer | |
14 | Metz | Paul Bezanson | Els.-Lothringer | |
15 | Saarburg, Chateau-Salins | Charles Germain | Els.-Lothringer |
Siehe auch
Weblinks
- Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reichs (PDF; 157 kB)
- Wahlen in Deutschland bis 1918, dort:
- Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern, dort:
Einzelnachweise
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- ↑ Vorlage:Zitation In: Vorlage:Zitation Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am {{#invoke:Vorlage:FormatDate|Execute}}.Vorlage:TemplatePar